Sogenannte Protestcamps können der Versammlungsfreiheit unterfallen, so das BVerwG. Voraussetzung ist allerdings ein Bezug der Camps zur Meinungskundgabe der Versammlung oder ihre logistische Notwendigkeit.
Das "Klimacamp 2017" im Rheinland unterfiel mit seinen Infrastruktureinrichtungen der Versammlungsfreiheit aus Art. 8 GG. Das hat das Bundersverwaltungsgericht entschieden (Urt. v. 24.05.2022, Az. 6 C 9.20).
Die Veranstalterin hatte das Klimacamp für die Dauer von elf Tagen als öffentliche Versammlung unter freiem Himmel angemeldet. Das Polizeipräsidium hatte der Veranstalterin daraufhin Versammlungsflächen zugewiesen. Die Veranstalterin hatte nach Beginn weitere Flächen als Versammlungsfläche haben wollen, um Platz für Zelte und Unterbringungsmöglichkeiten für die Teilnehmer zu bekommen. Das aber hatte das Präsidium mit der Begründung abgelehnt, dass ein als Übernachtungsfläche mit Zelten und Sanitäreinrichtungen genutztes Feld vom Anwendungsbereich des Art. 8 GG und des Bundesversammlungsgesetzes ausgenommen sei. Das Verwaltungsgericht Aachen hatte - nach Klage der Veranstalterin - dieser Ansicht in erster Instanz noch zugestimmt. Auf die Berufung der Veranstalterin hatte das Oberverwaltungsgericht Münster allerdings der Veranstalterin recht gegeben.
So sieht es auch das BVerwG: "Das "Klimacamp 2017" im Rheinland war eine durch Art. 8 GG geschützte Versammlung", entschied das Gericht Zwar gewinnen die Rechte Dritter und öffentliche Belange mehr an Gewicht, je länger die Veranstaltung dauere. Die Versammlungsbehörde könne dem jedoch dadurch Rechnung tragen, dass sie die Dauer in angemessener Weise beschränke.
Infrastrukturelle Einrichtungen, wie die Übernachtungsfläche, müssen entweder einen inhaltlichen Bezug zur bezweckten Meinungskundgabe der Versammlung aufweisen oder für die Veranstaltung logistisch erforderlich sein. Außerdem sei ein räumlicher Zusammenhang zu fordern, erklärte das BVerwG. Wie auch schon das Oberverwaltungsgericht festgestellt hatte, hätte das Klimacamp ohne die genannten Infrastruktureinrichtungen nicht stattfinden können. Die Veranstaltungsfläche sowie die 800 Meter entfernte Übernachtungsflächen seien eine räumliche Einheit.
Joschka Selinger, Jurist und Verfahrenskoordinator der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) bezeichnet das Urteil als Grundsatzurteil für die Versammlungsfreiheit. Der willkürlichen Einschränkung der Versammlungsfreiheit durch die Behörden vor Ort sei ein Riegel vorgeschoben worden.
cp/LTO-Redaktion
BVerwG zu Protestcamps: . In: Legal Tribune Online, 25.05.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/48559 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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