BVerwG hebt Urteil des VGH Hessen auf: Alles wieder offen bei der Süd­um­f­lie­gung Frank­furt

11.12.2015

Wegen der Lärmbelastung hatten Anwohner des Frankfurter Flughafens gegen die "Südkurve" geklagt und wegen eines Planungsfehlers gewonnen. So einfach geht es nicht, entschied das BVerwG und gab dem VGH Hessen vor, was er nun prüfen muss.

Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat am Donnerstag das Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs (VGH) in Kassel zur "Südumfliegung" am Flughafen Frankfurt Main aufgehoben und den Rechtsstreit an die Vorinstanz zurückverwiesen (Urt. v. 10.12.2015, Az. 4 C 15.14).

Konkret geht es um die Start- und Landebahnen "Center" und "Süd" des Flughafens Frankfurt Main, auf denen bei Westbetrieb startende Flugzeuge mit Zielen im Norden und Nordwesten zunächst nach Süden geführt werden, um erst in größerer Höhe nach Norden abzudrehen. Die Route war eingeführt worden, um Regionen im Westen des Flughafens, unter anderem die Städte Raunheim und Rüsselsheim, von Abfluglärm zu entlasten, aber auch, damit sich startende Flugzeuge nicht in die Quere kommen.

Eine Stadt und sieben Gemeinden in Hessen und Rheinland-Pfalz sowie fünf Privatpersonen hatten gegen die Festlegung der Flugrouten geklagt, woraufhin der VGH Hessen die Abflugroute in Richtung Westen für rechtswidrig erklärt hatte. Nach der BVerwG-Entscheidung ist nun wieder alles offen.

VGH: Falsche Planung entlastet Anwohner

Grund für die Entscheidung des VGH war, dass die neuen Flugrouten derzeit noch nicht die maximal zugelassene Abflugverkehrsmenge von 126 Flugbewegungen je Stunde bewältigen könnten, wie sie nach dem Ausbau des Flughafens zulässig sei. Davon war das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherheit bei der Festlegung der Route aber zunächst ausgegangen. Aus technischen Gründen könnten derzeit nur maximal 96 bis 98 Flugbewegungen pro Stunde abgewickelt werden. 

Deshalb fehle es an einem sachlichen Grund für die mit der Festlegung der gewählten Flugstrecken verbundene Lärmbelastung der Kläger. In dieser Fehleinschätzung des Bedarfs liege ein Abwägungsfehler, daher sei die Route rechtswidrig (Urt. v. 03.09.2013, Az. 9 C 323/12.T).

BVerwG: Nicht jeder Planungsfehler hilft den Klägern

Das BVerwG hat der Revision der Bundesrepublik Deutschland, Rechtsträgerin des Bundesaufsichtsamtes für Flugsicherung, stattgegeben. Es hat entschieden, Lärmbetroffene könnten sich nicht darauf berufen, dass eine Flugroute nicht die angestrebten Verkehrsmengen bewältigt. Auch könnten sie nicht Fehler des Abwägungsvorgangs bei der Auswahl eines Flugverfahrens rügen.

Erfolg habe eine Klage nur, wenn nach Prüfung des Gerichts das Ergebnis der Abwägung selbst rechtsfehlerhaft sei. Dies wäre nur der Fall, wenn die Lärmbelange eines Klägers auch im Ergebnis zu Unrecht zurückgesetzt worden seien. Dazu muss der VGH klären, ob es eine für die Kläger nicht oder weniger belastende und weniger lärmintensive Flugroute eindeutig aufdrängt, ohne zur
Wahrung der für den Flugverkehr unabdingbaren Sicherheitserfordernisse weniger geeignet
zu sein. Sollte eine solche Route existieren und diese ohne sachlichen Grund nicht gewählt worden sein, wäre der Kläger zu Unrecht Lärm ausgesetzt. 

Das Bundesamt wurde von den Rechtsanwälten Dr. Tobias Masing und Dr. Christian Eckart von Redeker Sellner Dahs vertreten. Zum Urteil äußert sich Masing, Partner der Sozietät: "Ein wichtiges und gutes Grundsatzurteil, das nahtlos an die Rechtsprechung anknüpft und sie fortschreibt. Es ist geklärt worden, dass Flugverfahren situationsangemessen geplant werden dürfen." Flugverfahren unterschieden sich daher maßgeblich von Planungsentscheidungen, bei denen auch bloße Fehler im Verfahren Klagegründe geben könnten. Flugverfahren hingegen seien mit Gesetzen vergleichbar und entsprechend gesichert. "Für Frankfurt wurde die Möglichkeit gewahrt, die lärmschonendste Route zur Entlastung von Flörsheim und Raunheim auch dann zu wählen, wenn über Details zur Abwicklung späterer Verkehrsmengen noch nicht alles aufgeklärt ist."

ahe/LTO-Redaktion

Beteiligte Kanzleien

Beteiligte Personen

Dr. Tobias Masing

Dr. Christian Eckart

Quelle: Kanzlei

Zitiervorschlag

BVerwG hebt Urteil des VGH Hessen auf: . In: Legal Tribune Online, 11.12.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/17838 (abgerufen am: 23.11.2024 )

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