BVerfG bestätigt Vereinsverbote: Rocker-Clubs und His­bollah-Unter­stützer bleiben ver­boten

02.08.2019

Der Rocker-Regionalverband "Gremium Motorcycle Club Sachsen" und vier seiner Ortsgruppen sowie der Unterstützerverein der Hisbollah-Miliz "Farben für Waisenkinder" bleiben verboten, so das BVerfG. Mildere Mittel gebe es nicht.

Die 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) hat Verfassungsbeschwerden gegen sechs Vereinsverbote nicht zur Entscheidung angenommen (Beschl. v. 02.07.2019, Az. 1 BvR 1099/16 u. 1 BvR 385/16). Das Verbot eines Vereins, der wissentlich Spenden an Dritte weiterleitet, die den Terrorismus unterstützen, sei ebenso verfassungsgemäß wie das Verbot von Motorrad-"Rocker"-Vereinigungen, die Mitglieder darin fördern, Strafgesetze zu verletzen, heißt es in den Beschlüssen.

Dabei betonen die Karlsruher Richter die Bedeutung der in Art. 9 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) verfassungsrechtlich gewährleisteten Vereinigungsfreiheit. Ein Eingriff sei nur gerechtfertigt, wenn sich die Vereinigung gegen Strafgesetze, die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richte. "Nur diese ausdrücklich aufgeführten Gründe rechtfertigen das Verbot als weitestgehenden Eingriff in die Vereinigungsfreiheit", so das BVerfG.

Diese Vorgaben hätten die Behörden und Gerichte, welche über die  Vereinsverbote zu entscheiden hatten, aber beachtet. So sei das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in Bezug auf den Verein "Farben für Waisenkinder" zu Recht davon ausgegangen, dass das Ziel des Vereins, Spenden für eine terroristische Vereinigung zu sammeln geeignet sei, den Gedanken der Völkerverständigung schwerwiegend zu beeinträchtigen. Und der Regionalverband "Gremium Motorcycle Club Sachsen" und vier seiner Ortsgruppen (sog. Chapter), deren Mitglieder ein Tötungsdelikt versucht hatten, laufe den Strafesetzen zuwider.

BVerfG bestätigt weite Auslegung des Vereinsbegriffs

Persönliche Verflechtungen zur Miliz und Äußerungen ranghoher Hisbollah-Angehöriger ließen in Bezug auf die "Farben für Waisenkinder" außerdem die berechtigte Annahme zu, dass der Verein "ein integraler Bestandteil" der terroristischen Vereinigung sei, führten die Richter weiter aus.

Der "Gremium Motorcycle Club Sachsen" verfügt offenbar über wenig offizialisierte Strukturen. Dennoch hat das BVerfG keine verfassungsrechtlichen Bedenken, den Rocker Regionalverband und seine Ortsverbände jeweils als Vereine im Sinne von Art. 9 GG anzusehen, die Karlsruher Richter billigen die weite Auslegung des Vereinsbegriffs durch die Verwaltungsgerichte. Es komme nicht darauf an, dass der Verein durch eine formale Organisationsstruktur geprägt sei, sondern es reiche aus, dass sich die Mitglieder faktisch einem autoritären Willen unterwerfen, sofern sie durch eine einheitliche Willensbildung verbunden sind. 

Für das Verbot brauche es keine begangene Straftat, an strafrechtliche Verurteilungen ist das Vereinigungsverbot als eigenständiges Mittel des präventiven Verfassungsschutzes gerade nicht gebunden. Die Behörden müssten auch nicht nachweisen, dass der Verein eine Straftat in ihrer Ausführung auf der Regionalebene geplant oder befürwortet habe. Dem BVerfG reicht es, dass sich die Rocker-Clubs nicht ausreichend von den Straftaten distanziert hätten, die von ihren Mitgliedern begangen wurden. So könne man, insbesondere wenn Vereinsmitglieder wegen ihrer Tatbeteiligung belohnt oder bei fehlender Mitwirkung sanktioniert worden sind, davon ausgehen, dass die Vereinigung durch das strafrechtswidrige Handeln geprägt ist.

Das Verhalten der Rocker-Clubs lasse schließlich befürchten, dass es in Zukunft zu weiteren schweren Straftaten komme. Ein milderes Mittel als das Verbot der Vereine sahen die Karlsruher Richter daher nicht. 

tik/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

BVerfG bestätigt Vereinsverbote: . In: Legal Tribune Online, 02.08.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/36857 (abgerufen am: 23.11.2024 )

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