Papier des Wirtschaftsministeriums: Bun­des­re­gie­rung schlägt Strei­chung von EU-Gel­dern vor

von Maximilian Amos

31.05.2017

Gelder von der EU bekommen und gleichzeitig deren Standards missachten? Das soll künftig nicht mehr möglich sein, wenn es nach der Bundesregierung geht. Im äußersten Fall sollen Hilfen gestrichen werden können.

Die Bundesregierung will prüfen lassen, ob Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (EU), die sich nicht an rechtsstaatliche Anforderungen halten, mit dem Entzug von Fördergeldern belangt werden könnten. Dies geht aus einem Papier des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWi) hervor.

In der "Stellungnahme der Bundesregierung zur Kohäsionspolitik der EU nach 2020", die LTO aus BMWi-Kreisen erhielt, wird vorgeschlagen, die Auszahlung von EU-Fördergeldern für wirtschaftlich schwächere Regionen künftig auch von der Einhaltung rechtsstaatlicher Normen abhängig zu machen. Es sei zu prüfen, ob entsprechende Maßnahmen ab 2020 ergriffen werden könnten.

Hinter dem Stichwort "Kohäsionspolitik" verbirgt sich dabei die Finanzierung von Entwicklungs- und Sozialprojekten in Mitgliedsstaaten mit problematischen Regionen. Sie wird durch den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE), den Europäischen Sozialfonds (ESF) sowie den Kohäsionsfonds umgesetzt.

Der Rahmen dafür wird in Haushaltsperioden festgelegt, die derzeitige läuft bis 2020. Bis dahin, so heißt es in dem Papier des BMWi, seien "alle Fördermaßnahmen einer kritischen Prüfung" zu unterziehen und auf einen europäischen Mehrwert auszurichten.

Polen und Ungarn möglicherweise betroffen

Länder wie Polen oder Ungarn könnten theoretisch davon betroffen sein. Beide empfangen hohe Zahlungen von der EU, werden von dieser aber auch gleichermaßen immer wieder für nicht eingehaltene Mindeststandards in puncto Rechtsstaatlichkeit kritisiert.

Unter anderem läuft gegen Ungarn seit Kurzem ein Vertragsverletzungsverfahren wegen seines neuen Hochschulgesetzes, welches die Schließung einer liberalen Elite-Universität zur Folge haben könnte. Gegen Polen läuft bereits seit Anfang 2016 das sogenannte Rechtsstaatlichkeits-Verfahren, welches die Kommission infolge einer umstrittenen Änderung der polnischen Mediengesetzgebung, vor allem aber infolge der Nichtanerkennung der durch die Vorgängerregierung eingesetzten polnischen Verfassungsrichter eingeleitet hatte. Ein Einlenken der polnischen Regierung hat es nicht bewirkt - wohl auch deshalb, weil die schwerer wiegenden Sanktionsmöglichkeiten in dem Verfahren nur einstimmig und somit faktisch überhaupt nicht genutzt werden können.

Darüber hinaus herrscht mit beiden Staaten auch ein Dissens über die Aufnahme von Flüchtlingen, was ebenfalls bereits Forderungen nach Sanktionen auslöste.

Wie die Streichung von Fördermitteln konkret ausgestaltet sein und in welchen Konstellationen sie in Betracht kommen soll, geht aus dem Papier des BMWi allerdings noch nicht hervor.

Kommission bereitet neuen Rechtsrahmen für Zeitraum ab 2020 vor

Das Papier diene lediglich dazu, die ohnehin laufende Diskussion über die künftige Kohäsionspolitik der EU anzustoßen. Derzeit befinde sie die Kommission im Vorbereitungsprozess, in dem es normal sei, dass sich die Mitgliedsstaaten einbrächten. Konkrete Vorschläge der Kommission sind demnach wohl erst im nächsten Jahr zu erwarten.

In Zukunft, so regt das Papier des Wirtschaftsministeriums an, sollen auch all diejenigen Regionen mit EU-Geldern versorgt werden, die von tiefgreifenden Herausforderungen betroffen sind. Dazu werden unter anderem die Integration von Flüchtlingen und die Bewältigung des demografischen Wandels gezählt.

Zugleich sollen diese Hilfen künftig auch stärker als Druckmittel eingesetzt werden, um die Länder zu Strukturreformen zu veranlassen.

Zitiervorschlag

Maximilian Amos, Papier des Wirtschaftsministeriums: . In: Legal Tribune Online, 31.05.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/23078 (abgerufen am: 23.11.2024 )

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