Die Ampel-Koalition will einen weiteren Schritt in Richtung Bürokratieentlastung machen: durch Einführung der Text- anstelle der Schriftform im Nachweisgesetz. Arbeitgeber müssen damit künftig Bedingungen des Arbeitsvertrages nicht mehr schriftlich festhalten.
Das Nachweisgesetz verpflichtet Arbeitgeber derzeit, die wesentlichen Bedingungen eines Arbeitsvertrags schriftlich niederzulegen. Das will die Ampelkoalition jetzt ändern: Arbeitgeber sollen die Bedingungen ihrer Arbeitsverträge künftig nicht mehr in Papierform mit Unterschrift an künftige Mitarbeiter aushändigen müssen. Wie die Fraktionen von SPD, Grünen und FDP am Donnerstag mitteilten, soll ein entsprechender Passus in den Gesetzentwurf zur Bürokratieentlastung eingefügt werden. Die getroffene Vereinbarung sieht vor, dass statt der Schriftform (§ 126 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)) für die Vertragsbedingungen künftig die Textform ausreicht, § 126b BGB.
Der Unterschied: Bei der Schriftform muss die Urkunde vom Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet werden. Für die Einhaltung der Textform genügt dagegen eine lesbare, aber unterschriftslose Erklärung, die nicht in einer Urkunde abgefasst sein muss, sondern auf einem dauerhaften Datenträger abgegeben ist. "Das heißt konkret: Für Arbeitsverträge reicht künftig eine einfache E-Mail, Papier und Porto fallen weg", sagte Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) am Donnerstag.
Der Arbeitsvertrag selbst kann auch nach jetziger Rechtslage per E-Mail abgeschlossen werden, er unterliegt keinem Formerfordernis. Allerdings schreibt das Nachweisgesetz derzeit noch vor, dass innerhalb bestimmter Fristen nach Abschluss eines Arbeitsvertrages die Arbeitsbedingungen schriftlich niedergelegt werden müssen.
In einem Brief an die von der Neuregelung betroffenen Verbände schreibt Buschmann: "Konkret soll im Nachweisgesetz künftig der Nachweis der wesentlichen Vertragsbedingungen in Textform ermöglicht werden, sofern das Dokument für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zugänglich ist, gespeichert und ausgedruckt werden kann und der Arbeitgeber einen Übermittlungs- und Empfangsnachweis erhält." Nur wenn Arbeitnehmer dies verlangten, müsse der Arbeitgeber ihnen einen schriftlichen Nachweis zur Verfügung stellen. Ferner sollen auch Arbeitnehmer-Überlassungsverträge nach § 12 Abs. 1 S. 1 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) künftig per E-Mail abgeschlossen werden können.
Große Hoffnungen auf dem "Meseburger Entlastungspaket"
Das Kabinett hatte vergangene Woche das Bürokratieentlastungsgesetz IV (BEG IV) auf den Weg gebracht. Es muss im Bundestag und Bundesrat noch abschließend beraten und beschlossen werden. Der Gesetzentwurf sieht unter anderem eine Verkürzung der Aufbewahrungsfristen für Rechnungskopien, Kontoauszüge, Lohn- und Gehaltslisten von zehn auf acht Jahre vor. Auch die Meldepflicht für deutsche Staatsangehörige bei einer Hotelübernachtung wird abgeschafft. Generell soll künftig die Textform in vielen Regelungsbereichen des BGB die Schriftform ersetzen. Nach Angaben von Buschmann entlastet das "Meseburger Entlastungspaket" – bestehend aus dem Wachstumschancengesetz, der Anhebung der Bilanzierungsschwellenwerte, einer Sammel-Verordnung zum Bürokratieabbau und dem BEG IV – die deutsche Wirtschaft um mehr als drei Milliarden Euro pro Jahr.
Buschmann bezeichnete den Ersatz der Schriftform durch die Textform am Donnerstag als "zentralen Durchbruch". "Wir werden weitere Gesetze abbauen, vereinfachen und entschlacken. Bürokratieabbau muss ein Dauerbrenner dieser Legislaturperiode sein", versprach er. In den anvisierten Änderungen des Nachweisgesetzes sieht er einen guten Einstieg in die parlamentarische Beratung zum BEG IV.
"Die Regelungen werden den Alltag erleichtern und gleichzeitig Rechtssicherheit und die Interessen der Beschäftigten garantieren", sagte die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Bundestagsfraktion, Irene Mihalic. Durch die jetzt gefundene Lösung werde Bürokratie reduziert, gleichzeitig aber sichergestellt, dass im Streitfall beweisfeste Dokumente eingefordert werden könnten, betonte Katja Mast (SPD).
*Korrektur am 22.03.2024, 10:05 Uhr: In der Überschrift war zunächst irreführend die Rede davon, dass Arbeitsverträge künftig per E-Mail abgeschlossen werden können. Dies ist aber bereits derzeit der Fall.
cho/dpa/LTO-Redaktion
Änderungen im Nachweisgesetz: . In: Legal Tribune Online, 21.03.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/54173 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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