BGH zum Rücktritt vom Kaufvertrag im Dieselskandal: Diesel-Kunden können nicht ein­fach so vom Kauf zurück­t­reten

02.11.2021

Können Käufer eines vom Dieselskandals betroffenen Neufahrzeugs vom Kaufvertrag zurücktreten, ohne dem Verkäufer zuvor Gelegenheit zur Mangelbeseitigung zu geben? Ohne weiteres geht das nicht, wie der BGH nun entschied.

Ein Rücktritt vom Kaufvertrag im Dieselskandal ist ohne vorherige Fristsetzung nicht ohne weiteres möglich. Dies hat der Bundesgerichtshof (BGH) in einer am Dienstag veröffentlichen Entscheidung klargestellt und einen Fall zurück an das Oberlandesgericht (OLG) Köln verwiesen (Urt. v. 29.09.2021, Az. VIII ZR 111/20).

In dem Fall geht es um einen Mann, der nicht - wie die allermeisten Diesel-Kläger - Volkswagen als Hersteller auf Schadensersatz verklagt hat. Er will stattdessen erreichen, dass sein Autohändler das kurz vor Auffliegen des Dieselskandals gekaufte Neufahrzeug zurücknehmen und ihm einen Großteil des Kaufpreises erstatten muss.

Das OLG Köln gab seiner auf Rückabwicklung des Kaufvertrags gerichteten Klage weitgehend statt. Einer Fristsetzung zur Nacherfüllung hielt das OLG für entbehrlich. Dem Kläger sei eine Nachbesserung unzumutbar. Er sei nicht gehalten, mit der Durchführung des Software-Updates die Beseitigung des Mangels letztlich VW zu überlassen, auf deren arglistiges Verhalten das Bestehen des Mangels zurückzuführen sei, so das OLG zur Begründung. Außerdem seien negative Auswirkungen auf das Auto oder den Fahrbetrieb "nach der allgemeinen Lebenserfahrung" denkbar.

Es braucht Feststellungen im Einzelfall 

Der BGH ließ diese Begründung aber nicht gelten. Es sei zwar nicht ausgeschlossen, dass hier die Vertrauensgrundlage zwischen Käufer und Verkäufer gestört sei. Ob eine solche Störung vorliegt, hänge jedoch von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die obersten Zivilrichterinnen und -richter geben dabei zu bedenken, dass sich ein Verkäufer nach ihrer bisherigen Rechtsprechung "ein arglistiges Vorgehen des Herstellers gerade nicht zurechnen lassen muss". Außerdem sei das Software-Update zum fraglichen Zeitpunkt von den zuständigen Behörden geprüft und freigegeben gewesen. Es müsse zunächst durch entsprechende Feststellungen und Sachverständigengutachten geklärt werden, ob und in welchem Umfang das vom Verkäufer angebotene Software-Update tatsächlich zu den vom Käufer behaupteten Folgeschäden führt.

Der Senat hob das Berufungsurteil auf die Revision der Händlerin auf, soweit darin zu deren Nachteil erkannt worden ist und verwies die Sache zurück ans OLG, damit die erforderlichen Feststellungen dort nachgeholt werden können.  

acr/LTO-Redaktion

mit Materialien der dpa

Zitiervorschlag

BGH zum Rücktritt vom Kaufvertrag im Dieselskandal: . In: Legal Tribune Online, 02.11.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/46530 (abgerufen am: 23.11.2024 )

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