Revisionsverfahren in Ticketaffäre: BGH muss zu Frei­k­arten für ein Rol­ling-Stones-Kon­zert ent­scheiden

15.08.2023

Der ehemlige Bezirksamtsleiter hatte ein Konzert der Rolling Stones 2017 in Hamburg genehmigt und 100 Freikarten bekommen. Das LG Hamburg verurteilte ihn wegen Vorteilsannahme und -gewährung. Nun wird der BGH über die Revision entscheiden.

Im September 2017 spielten die Rolling Stones vor mehr als 80.000 Fans im Hamburger Stadtpark. Bei der Genehmigung des Konzerts soll nicht alles mit rechten Dingen zugegangen sein. Der Bundesgerichtshof (BGH) wird nun ein Urteil des Landgerichts (LG) Hamburg (Urt. v. 08.04.2022, Az. 622 KLs/ 4/20) überprüfen.

Der 5. Strafsenat in Leipzig werde am 29. August über die Revision gegen das Urteil des LG Hamburg verhandeln, teilte der BGH am Dienstag mit. In dem Verfahren geht es um Korruptionsvorwürfe. Der Veranstalter soll dem Bezirksamt Hamburg-Nord Freikarten überlassen haben, um die Höhe des Entgelts für die Nutzung der Festwiese im Stadtpark zu beeinflussen.

Das LG Hamburg hatte den ehemaligen Leiter des Bezirksamts, Harald Rösler, am 8. April vergangenen Jahres wegen Vorteilsannahme und -gewährung zu einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu je 120 Euro verurteilt. Von den Hauptvorwürfen der Bestechlichkeit und Untreue war der 73-Jährige jedoch freigesprochen worden. Sein damaliger Stellvertreter hatte wegen Vorteilsannahme und Beihilfe eine Geldstrafe von 110 Tagessätzen zu je 110 Euro bekommen.

LG: Keine Untreue und keine Bestechlichkeit 

Das LG hatte im Hinblick auf den Untreue-Vorwurf entschieden, dass Rösler der Stadt nicht geschadet habe und somit nicht den Untreue-Tatbestand erfüllt habe. Der Ex-Bezirksamtleiter habe als Basisgebühr für die Nutzung der Festwiese einen Betrag von 200.000 Euro ermitteln lassen und diese Gebühr vertraglich festgehalten. Die Regelung sei für die Stadt sehr günstig gewesen.

In den Verhandlungen mit der Veranstaltungsagentur habe Rösler 300 Freikarten gefordert. Man habe sich auf 100 Freikarten und 300 weitere Kaufoptionen geeinigt. Die Tickets hätten jedoch keinen Einfluss auf die Festsetzung des Nutzungsentgelts für die Veranstaltungsfläche gehabt. Darum habe sich der Ex-Bezirksamtschef auch nicht der Bestechlichkeit schuldig gemacht, so das LG damals. Einen Empfang vor Beginn des Konzerts, an dem Rösler und seine Frau teilnahmen, sowie die Annahme von zwei Freikarten in diesem Zusammenhang beanstandete die Kammer nicht. Rösler habe Repräsentationspflichten wahrgenommen.

Einen persönlichen Vorteil habe er dagegen durch die Annahme von vier weiteren Freikarten gehabt, die er an eine befreundete Familie weitergegeben habe. Den Schuldspruch im Anklagepunkt Vorteilsgewährung begründete das Gericht mit der Verteilung der übrigen Freikarten an "Freunde des Hauses", wie es der damalige Bezirksamtsleiter seiner Sekretärin diktiert hatte. Der Wert der Tickets habe insgesamt 14.743,90 Euro betragen. Diese Summe sollte laut Urteil von dem Angeklagten eingezogen werden.

Beide Seiten wollen die Revision

Zwei weitere Angeklagte, die bei der Veranstaltungsagentur für das Konzert verantwortlich waren, wurden vom LG freigesprochen. Ihnen war Bestechung vorgeworfen worden. Gegen das Urteil waren die beiden schuldig gesprochenen Angeklagten und die Staatsanwaltschaft in Revision gegangen.

Die Staatsanwaltschaft will mit ihrer Revision nun eine Verurteilung aller vier Angeklagter erreichen. Rösler solle auch wegen Untreue und Bestechlichkeit verurteilt werden, sein Stellvertreter wegen Beihilfe dazu. 

In weiteren Strafprozessen waren andere hohe Beamte wegen Vorteilsannahme aufgrund der Entgegennahme der Tickets verurteilt worden. Freiverkäufliche Tickets hatten damals bis zu 900 Euro gekostet. 

dpa/lfo/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

Revisionsverfahren in Ticketaffäre: . In: Legal Tribune Online, 15.08.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/52492 (abgerufen am: 22.11.2024 )

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