Asylbewerber sollen einen Teil der staatlichen Unterstützung künftig über eine Bezahlkarte beziehen. Fast alle Bundesländer haben sich nun auf Standards für ein bundesweites Vergabeverfahren geeinigt. Umstritten ist die Maßnahme nach wie vor.
Leistungen, die Asylbewerber nach dem Asylbewerberleistungsgesetz beziehen, werden bislang in der Regel bar ausgezahlt. Mit der bundesweiten Einführung sogenannter Bezahlkarten soll sich das für die Zukunft ändern: Anstelle des bisherigen "Taschengelds" wird ein Teil der staatlichen Leistungen perspektivisch als Guthaben auf einer Karte bereitgestellt.
14 von 16 Bundesländern einigten sich dazu auf gemeinsame Standards für ein Vergabeverfahren, das bis zum Sommer abgeschlossen sein soll. Wie der hessische Ministerpräsident und Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, Boris Rhein (CDU), am Mittwoch in Wiesbaden mitteilte, gehen Bayern und Mecklenburg-Vorpommern eigene Wege, wollen die Bezahlkarte aber ebenfalls einführen.
Die Bezahlkarten sollen Leistungsberechtigten unter anderem die Möglichkeit nehmen, Geld aus staatlicher Unterstützung in Deutschland an Angehörige und Freunde im Heimatland zu überweisen. "Über die Höhe des Barbetrags sowie über weitere Zusatzfunktionen entscheidet jedes Land selbst", teilte Rhein mit. Die Bezahlkarte ohne Kontobindung sei grundsätzlich in allen Branchen einsetzbar, nicht aber im Ausland. Auch Karte-zu-Karte-Überweisungen und sonstige Überweisungen im In- und Ausland seien nicht vorgesehen. Leistungsberechtigte sollen den Stand ihres eigenen Guthabens einsehen können.
"Unterbinden die Möglichkeit, Geld vom Staat in Herkunftsländer zu überweisen"
Die Ministerpräsidenten der Länder und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatten sich im November 2023 auf die Einführung der Bezahlkarte verständigt. Eine Arbeitsgruppe hatte daraufhin Vorschläge für bundesweite Mindeststandards erarbeitet. Bei der geplanten Ausschreibung geht es vor allem um einen gemeinsamen Dienstleister für die technische Infrastruktur
"Mit einer Bezahlkarte werden Bargeldauszahlungen an Asylbewerberinnen und -bewerber weitgehend entbehrlich", sagte der Co-Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, Niedersachsens Regierungschef Stephan Weil (SPD). Das minimiere den Verwaltungsaufwand der Kommunen. "Die bereitgestellten finanziellen Mittel sollen den Lebensunterhalt in Deutschland sichern, sie dienen – bei allem Verständnis – nicht der Finanzierung der Familien im Heimatland", sagte er.
Rhein sieht in der Einführung der Bezahlkarte einen wichtigen Schritt, um Anreize für illegale Migration nach Deutschland zu senken. "Mit der Einführung der Bezahlkarte senken wir den Verwaltungsaufwand bei den Kommunen, unterbinden die Möglichkeit, Geld aus staatlicher Unterstützung in die Herkunftsländer zu überweisen, und bekämpfen dadurch die menschenverachtende Schlepperkriminalität", erklärte er.
"Ewige Leier von Geflüchteten als vermeintliche Sozialschmarotzer"
Befürworter der Bezahlkarte aus der Landespolitik argumentierten im Vorfeld der Einigung ebenfalls mit der Eindämmung finanzieller Anreize. Der CDU-Abgeordnete des Landtages Mecklenburg-Vorpommern, Daniel Peters, forderte beispielsweise mehr Tempo bei der Bezahlkarte. Im Thüringer Landkreis Greiz, in dem eine Bezahlkarte bereits im Einsatz sei, habe sich gezeigt, dass Flüchtlinge die Region wieder verließen, weil kein Geld mehr an die Familien im Ausland geschickt werden könne. "Der Missbrauch des Asylbewerberleistungsgesetzes muss unterbunden werden", begründete Peters seine Forderung.
Die Grünen und Linken des Landtages lehnen die Darstellung ab, Sozialleistungen würden die Zuwanderung nach Deutschland befördern. Die Abgeordnete Steffi Pulz-Debler (die Linke) warf der CDU vor, die "ewige Leier von Geflüchteten als vermeintlichen Sozialschmarotzern" anzustimmen. Constanze Oehlrich (Bündnis 90/Die Grünen) äußerte Zweifel daran, dass die Einstellung von Bargeldauszahlungen rechtmäßig sei. "Geflüchteten mithilfe von Bezahlkarten den Zugang zu Bargeld zu verwehren, wird sich nicht mit unserer Verfassung in Einklang bringen lassen", sagte Oehlrich.
Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke teilt dagegen die Auffassung Rheins. Vergangenen Dezember sagte er über die Einführung der Bezahlkarten: "Das ist keine Diskriminierung, sondern ein Baustein, um die verfügbaren Ressourcen auch konsequent für Hilfsbedürftige einzusetzen und um Schleuserkriminalität zu bekämpfen." Von der Brandenburger Integrationsbeauftragten Doris Lemmermeier gab es Kritik an den Plänen. "Ich bleibe auch bei meiner Aussage, dass ich das diskriminierend finde, auch wenn ein Teil davon Taschengeld ist." Den Menschen werde nicht zugetraut, verantwortlich mit dem Geld umzugehen.
dpa/lmb/LTO-Redaktion
Bundesländer sind sich einig: . In: Legal Tribune Online, 31.01.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/53760 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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