OLG Frankfurt am Main: "Transe" ist ein Schimpf­wort

12.07.2024

Ein Blogger bezeichnete eine trans Frau als "Transe". Das OLG Frankfurt am Main hat nun entschieden, dass dies nicht von der Meinungsfreiheit gedeckt ist. Dagegen kann allerdings noch Verfassungsbeschwerde erhoben werden.

Die trans Frau Janka Kluge hat im Prozess gegen einen Blogger vor dem Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main Recht bekommen. Das OLG hat damit den ihr zuvor vom Landgericht (LG) Frankfurt zugesprochenen Unterlassungsanspruch (LTO berichtete) bestätigt (Urt. v. 09.07.2024, Az. 16 U 92/23).

Konkret ging es um die Aussage "Totalitär tickende Transe zieht den Schwanz ein", die der Mann in dem Blog Ansage.org getätigt hatte. Hintergrund der inkriminierten Äußerung des Bloggers war, dass Kluge erfolglos versuchte, ihn wegen einer anderen Äußerung abzumahnen. Kluge hatte nach einem Hinweisbeschluss des Gerichts auf ihre Ansprüche verzichtet. Das war der Anlass dafür, dass der Blogger die Meinung äußerte, Kluge ticke totalitär und ziehe "den Schwanz ein".

Das OLG führt in seiner Pressemitteilung aus, dass zwar eine Meinungsäußerung vorliege, die nicht die Grenze zur Schmähkritik überschreite. Der Klägerin stehe allerdings unter Abwägung der widerstreitenden Grundrechtspositionen ein Unterlassungsanspruch zu.

Eine ausschließlich abwertende Aussage

Das OLG deutete den Satz als ausschließlich "abwertend", "verletzend", "diskriminierend" und "menschenverachtend". Eine Deutung im Sinne einer zulässigen Meinungsäußerung ist aus Sicht der Richter ausgeschlossen.

Dem Wort "Transe" komme nach dem allgemeinen Sprachgebrauch ausschließlich eine abwertende Bedeutung zu. Es handele sich um ein Schimpfwort, das in hohem Maße verletzend und diskriminierend sei. Durch dieses Schimpfwort erlange "auch die nachgestellte Wendung 'zieht den Schwanz ein' für den Durchschnittsleser eine notwendig sexuelle Konnotation", so das OLG. Da der Durchschnittsleser die Möglichkeit in Betracht ziehe, dass die Klägerin ihr männliches Geschlechtsteil habe entfernen lassen, werde sie "im Sinne eines Sprachspiels in menschenverachtender Weise ins Lächerliche gezogen", "da nichts eingezogen werden kann, was nicht vorhanden ist", führte der Senat aus. Diese "drastische Herabsetzung" werde durch die Formulierung "totalitär tickend" ein weiteres Mal verschärft.

Auch keine Satire

Die Äußerung könne auch nicht als satirisch eingekleidete Wendung gewertet werden. Denn sie enthalte weder Signale, die auf Satire hindeuteten, noch solche, die sie auch nur ironisch erscheinen ließen – obwohl das Gericht an anderer Stelle noch feststellte, dass die Klägerin im Sinne eines Sprachspiels ins Lächerliche gezogen werde.

Soweit Kluge im Vorprozess auf Ansprüche gegen die Äußerung "Totalitär tickende Trans-Furie" verzichtet habe, stehe dies ihrem neuerlichen Unterlassungsbegehren nicht entgegen. Denn es lägen Formulierungen mit "völlig unterschiedlichem Bedeutungsgehalt" vor, weshalb die nun angegriffene Äußerung von dem vorherigen Verzicht nicht erfasst werde.

Die im Eilverfahren ergangene Entscheidung ist nicht anfechtbar. Allerdings ist eine Verfassungsbeschwerde möglich. Angesichts der Tatsache, dass das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) auch polemische Bemerkungen weitgehend für zulässig hält und an eine Deutung im Sinne einer unzulässigen Meinungsäußerung besonders hohe Anforderungen stellt, könnte eine Verfassungsbeschwerde nicht von vornherein aussichtslos sein.

PM/kj/LTO-Redaktion

Hinweis der Redaktion: Text überarbeitet am 15.07.2024, 11:17 Uhr.

Zitiervorschlag

OLG Frankfurt am Main: . In: Legal Tribune Online, 12.07.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/54993 (abgerufen am: 23.11.2024 )

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