Eine Frau, die in den Spalt zwischen Bahnsteigkante und Wagontür geriet, bekommt weder Schmerzensgeld noch Schadensersatz von der Deutschen Bahn. Ein Spalt von 14 Zentimeter Breite sei kein wirkliches Hindernis, so das AG.
Die Deutsche Bahn haftet nicht, wenn ein Fahrgast trotz langjähriger Vertrautheit mit den örtlichen Gegebenheiten in den Spalt zwischen Bahnsteig und S-Bahn stürzt und sich dadurch verletzt. Das entschied das Amtsgericht (AG) München in einem jetzt bekannt gewordenen Urteil (v. 25.04.2017, Az. 173 C 27106/16).
Eine 64-jährige Frau geriet an einer S-Bahnstation in München beim Zustieg mit Füßen und Beinen in den 14 Zentimeter breiten Spalt zwischen Zug und Bahnsteig. Zwar zogen zwei andere Fahrgäste die Frau wieder heraus, noch bevor die S-Bahn weiterfuhr. Die Frau erlitt aber Quetschungen und Prellungen an Füßen und Beinen, weswegen sie vier Wochen krankgeschrieben werden musste.
Von der Deutschen Bahn verlangte die Kundin fast 4.000 Euro Schmerzensgeld und Reinigungskosten für Hose und Mantel in Höhe von 15,45 Euro. Sie macht die Bahn für den Unfall verantwortlich, weil das Unternehmen unterlassen habe, den Spalt zwischen S-Bahn und Bahnsteig etwa durch ausfahrbare Trittbretter zu schließen. Nach Angaben der Bahn sei ein geringer Abstand zwischen Zug und Bahnsteig aber technisch ausgeschlossen. Der seit 1974 regelmäßigen Nutzerin der Münchener S- und U-Bahn sei dieser Abstand auch bekannt gewesen.
AG: Keine Pflichtverletzung seitens der Bahn
Weil sich beide Parteien nicht außergerichtlich einigen konnten, musste das AG München entscheiden. Nach Auffassung des Münchner Gerichts hat die Kundin keinen Anspruch auf Schmerzensgeld und Schadensersatz. Es wies die Klage ab.
Das Mitverschulden der Frau überwiege derart, dass die Betriebsgefahr auf Seiten der Deutschen Bahn demgegenüber gänzlich zurücktrete, heißt es in der Mitteilung des Gerichts. Die Kundin habe nämlich abgesehen vom Vorhandensein des 14 Zentimeter breiten Spaltes überhaupt nichts hinsichtlich der Unfallursache vorgetragen. Es sei daher unstreitig, dass bei der Unfallentstehung keinerlei Fremdeinwirkung vorlag, so das AG.
Auf Seiten der Deutschen Bahn vermochte das Münchener Gericht auch keine Pflichtverletzung erkennen. Es seien nämlich nur solche Sicherheitsmaßnahmen erforderlich, die ein verständiger und umsichtiger Mensch für ausreichend halten dürfe, um andere Personen vor Schäden zu bewahren. Von der Rechtsprechung seien in ähnlichen Fällen bereits wesentlich größere Abstände für unbedenklich gehalten worden.
Den Fahrgästen sei es hingegen bereits bei Beachtung geringer Sorgfaltsanforderungen mühelos möglich, den mit 14 Zentimeter nicht besonders breiten Spalt zu überwinden.
mgö/LTO-Redaktion
AG München zur Bahnsteig-Spalte zwischen Bahn und Plattform: . In: Legal Tribune Online, 20.11.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/25613 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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