Bei einer körperlichen Auseinandersetzung fügt ein HIV-Infizierter einem Mann eine Bisswunde am Handgelenk zu. Da jedoch keine Infektionsgefahr bestand, sei auch nicht von einer gefährlichen Körperverletzung auszugehen, so das AG München.
Das Amtsgericht (AG) München hat einen 25-jährigen HIV-Infizierten, der einem Mann bei einer körperlichen Auseinandersetzung eine Bisswunde zugefügt hatte, wegen vorsätzlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Beleidigung zu einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu je 35 Euro verurteilt. Eine gefährliche Körperverletzung, von der die Staatsanwaltschaft bei der Anklageerhebung zunächst ausgegangen war, stelle der Biss jedoch nicht da, wie das Gericht am Freitag mitteilte (Urt. v. 28.07.2020, Az. 813 Ds 256 Js 151985/19).
Der Angeklagte hatte den Geschädigten im März 2019 in einer Münchener Bar beleidigt. Anschließend kam es zu einer körperlichen Auseinandersetzung, bei der der HIV-positive Angeklagte dem Mann eine Bisswunde am Handgelenk zufügte. Eine Infektion mit dem HI-Virus entstand jedoch nicht.
Der Angeklagte, der die Tat vor Gericht bestritt, befindet sich Gerichtsangaben zufolge konstant in medikamentöser Behandlung. Seine Virenlast liege dauerhaft unter der Nachweisgrenze. Ein Sachverständiger gab im Prozess an, dass bei nicht nachweisbarer HI-Virenlast davon ausgegangen werden könne, dass keine Infektionsgefahr bestehe. Gänzlich ausschließen könne man eine Infektion freilich nicht.
Der Geschädigte gab an, den Angeklagten schon zuvor gekannt zu haben. Nach dem Biss habe er aus Angst vor Ansteckung Panikattacken gehabt, sei suizidal gewesen und befinde sich seitdem in Psychotherapie. Er habe sich zweimal einem HIV-Test unterzogen, der beide Male negativ gewesen sei.
Das Gericht geht bei dem Biss von einer einfachen Körperverletzung aus. Eine Infektion sei aufgrund der medikamentösen Behandlung und der Virenlast unterhalb der Nachweisgrenze nicht zu erwarten gewesen, was der Angeklagte auch gewusst habe. Zu seinen Lasten wertete das Gericht zwei allerdings nicht einschlägige Vorstrafen im niedrigeren Geldstrafenbereich, die massiven psychischen Folgen für den Geschädigten, den Biss trotz bestehender, wenn auch in Behandlung befindlicher HIV-Infektion und den Umstand, dass der Angeklagte hier gleich mehrere Delikte tateinheitlich begangen habe.
acr/LTO-Redaktion
AG München nach Barschlägerei: . In: Legal Tribune Online, 25.09.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/42917 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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