Wer keine Auskunft von Behörden bekommt, kann sich an Beauftragte für Informationsfreiheit wenden. Doch deren Empfehlungen werden von Behörden oft einfach ignoriert. Es fehlt an Befugnissen und Ressourcen. Das muss sich ändern, meint FragDenStaat.
Wenn eine Regierung gegenüber der Öffentlichkeit deutlich machen will, dass ein politisches oder gesellschaftliches Thema vermeintlich mit besonderem Nachdruck verfolgt wird, greift sie zu einem beliebtem Mittel: Sie setzt Beauftragte ein. Derzeit gibt es laut BMI 43 Beauftragte und Koordinatoren auf Bundesebene. Während einige, wie etwa die Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung Ferda Ataman, häufiger in den Medien auftauchen, dürfte die Existenz des Meeresbeauftragten, des Beauftragten für den Schienenverkehr oder der Beauftragten für den Berlin-Umzug und den Bonn-Ausgleich viele überraschen.
Auch Beauftragte für die Informationsfreiheit gibt es und zwar seit Inkrafttreten der Informationsfreiheitsgesetze auf Bundes- und Länderebene. Damals wurde das Aufgabengebiet der Datenschutzbeauftragten um die Informationsfreiheit erweitert. Ihre Existenz ist sowohl im Datenschutz- als auch im Informationsfreiheitsrecht gesetzlich festgeschrieben, was ihnen eine größere Legitimation verleiht als zahlreichen anderen Beauftragten.
In ihrer Rolle als Informationsfreiheitsbeauftragte sollen sie Bürger:innen vor allem bei der Wahrnehmung des mit den Informationsfreiheitsgesetzen eingeräumten Rechts auf Zugang zu Informationen unterstützen. Wie das am besten gelingen kann, diskutieren die Tage die Beauftragten von Bund und Ländern in der rheinland- pfälzischen Landesvertretung.
Informationsfreiheit und Datenschutz – ein ungleiches Paar
Eine Herausforderung ist, dass die Beauftragten zugleich für Datenschutz und Informationsfreiheit zuständig sind. Denn schließlich kann Datenschutz dem Informationszugang entgegenstehen und umgekehrt. Dem lässt sich jedoch entgegnen, dass die rechtliche Expertise der Beauftragten im Datenschutz auch im Bereich der Informationsfreiheit genutzt werden kann. Wichtig für eine gute Ausübung des Amts ist letztlich vor allem die fachliche Kompetenz der Beauftragten und ihrer Mitarbeitenden, die sich selbstverständlich auch auf die gesetzlich normierten Ausschlussgründe erstrecken muss.
Es ist in der Theorie und auch in der Praxis – wie viele der Beauftragten schon bewiesen haben – durchaus möglich, sowohl für den Datenschutz als auch für die Informationsfreiheit einzutreten. Andere hingegen schaffen es, beiden Rechtsgebieten zeitgleich einen Bärendienst zu erweisen, wie derzeit der Beauftragte in Rheinland-Pfalz, Prof. Dr. Kugelmann. Dort muss nach § 11 Abs. 2 S. 1 des Landestransparenzgesetzes der IFG-Antrag die Identität der antragstellenden Person erkennen lassen. Der rheinland-pfälzische Beauftragte zieht hieraus den Schluss, dass jeder IFG-Antrag grundsätzlich die Angabe einer privaten deutschen Meldeadresse voraussetze. Ein Vorgehen, was sowohl dem Datenschutzrecht (Grundsatz der Datenminimierung) als auch der Informationsfreiheitsrecht (Grundsatz des voraussetzungslosen Zugangs) entgegenläuft.
Mächtig beim Datenschutz, ohnmächtig bei der Informationsfreiheit
Ein größeres Problem als die (vermeintlichen) inhaltlichen Konflikte ist, dass in mehrfacher Hinsicht ein deutliches Ungleichgewicht zwischen beiden Rechtsgebieten besteht. Während die Beauftragten im Bereich des Datenschutzes über weitreichende Befugnisse wie etwa ein Anordnungsrecht verfügen, ist ihr Handlungsspielraum in Bezug auf die Informationsfreiheit überschaubar. Hier nehmen sie ausschließlich eine Ombudsfunktion wahr. Sie beraten Bürger:innen, die Anfragen nach Informationsfreiheitsgesetzen stellen, vermitteln im Streitfall zwischen antragstellender Person und Behörde und können durch Tätigkeitsberichte an die Parlamente und Empfehlungen auf Missstände hinweisen und gesetzliche Reformen einfordern. Daneben können sie Behörden zwar auch Kontrollbesuche abstatten und Beanstandungen aussprechen, wenn diese die Vorgaben des Informationsfreiheitsrechts missachten. Mittel, um ihre Rechtsauffassung gegenüber den Behörden auch durchzusetzen, stehen ihnen aber nicht zur Verfügung.
Dies führt bei den Beauftragten selbst zum Teil zu spürbaren Frustrationen: Die Berliner Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit Meike Kamp etwa wies in ihrem letzten Tätigkeitsbericht darauf hin, dass insbesondere die Berliner Polizei ihre Empfehlungen beharrlich missachte und ergänzte: „Es stellt sich die Frage nach der Sinnhaftigkeit unserer gesetzlich normierten Beratungsbefugnis, wenn unsere Argumente bei der Entscheidung über IFG-Anträge regelmäßig keine Rolle spielen.“
Wenn Antragsteller:innen einen Beauftragten um Vermittlung gebeten haben, laufen zudem die Fristen für einen Widerspruch oder eine Klage weiter, so dass die Stellungnahme der Beauftragten häufig bei der Entscheidung für oder gegen die Beschreitung des Rechtswegs gar keine Rolle spielt.
Hinzukommt, dass den Beauftragten für die Informationsfreiheit im Vergleich zum Datenschutz kaum finanzielle Mittel und Personal zur Verfügung stehen. In Baden-Württemberg etwa, das im Vergleich zu anderen Bundesländern bereits gut dasteht, gibt es beim Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit insgesamt 70,5 Stellen. Auf den Bereich der Informationsfreiheit fallen davon gerade einmal 3,2 Stellen. In anderen Bundesländern sieht es noch deutlich schlechter aus. Im Hessischen Büro für Datenschutz und Informationsfreiheit ist etwa ein Drittel einer Vollzeitstelle für die Informationsfreiheit vorgesehen. Spitzenreiter, im Verhältnis zur Zahl der Einwohner:innen, ist Bremen mit nicht einmal einer Vollzeitstelle.
Nur nett bitten reicht nicht
Ungeachtet ihrer eingeschränkten Handlungsspielräume kritisieren die Beauftragten die Behörden teils scharf und beziehen Stellung für eine Auslegung der betreffenden Vorschriften im Sinne der Informationsfreiheit. Diese Stellungnahmen können den antragstellenden Personen durchaus den Rücken stärken, gerade wenn Behörden mit äußerst knapper Begründung IFG-Anträge abschmettern und Bürger:innen damit verunsichern. Dennoch sind auch die Beauftragten letztlich auf den guten Willen der Behörden angewiesen.
Die in Bezug auf die Informationsfreiheit zum Teil etwas hilflos anmutende Rolle der Beauftragten spiegelt sich auch in der Anzahl der Vermittlungsersuchen wider. Auf Bundesebene gab der Beauftragte die Zahl der Vermittlungsersuchen im Jahr 2022 sowohl für das Informationsfreiheitsgesetz als auch für das Umweltinformationsgesetz mit 491 an. Vor dem Hintergrund, dass es in demselben Zeitraum 14.042 Anträge an Bundesbehörden allein nach dem Informationsfreiheitsgesetz gab, wobei in mehr als der Hälfte der Fälle der Informationszugang nicht vollumfänglich gewährt wurde, ist dies nicht viel.
An der gesetzlichen Ausgestaltung der Befugnisse der Beauftragten und ihrer schlechten finanziellen Ausstattung zeigt sich exemplarisch, dass es Politik und Verwaltung mit dem Versprechen von Transparenz bisher nicht wirklich ernst ist.
Statt abschaffen, reformieren!
Bei aller berechtigter Kritik an der derzeitigen Lage, kann die Lösung nicht sein, auf die Beauftragten ganz zu verzichten. Denn im Prinzip können sie die Informationsfreiheit durchaus nach vorne bringen, wie viele engagierte Beauftragte in der Vergangenheit bereits bewiesen haben. Auch zur außergerichtlichen Streitbeilegung können sie im Idealfall durchaus beitragen.
Damit sie entscheidende Verbesserungen im Bereich der Informationsfreiheit bewirken können, muss die Stellung der Beauftragten selbst aber deutlich verbessert werden. Die Informationsfreiheit sollte dringend aus ihrem Schattendasein befreit werden und die rechtlichen Befugnisse an die Befugnisse im Bereich des Datenschutzrechts angeglichen werden. Auch was die sachlichen und personellen Mittel angeht, muss mindestens eine Annäherung an den Datenschutz stattfinden. Um dem Vermittlungsverfahren mehr Gewicht zu verleihen, kann eine Unterbrechung der Widerspruchs- bzw. Klagefristen bis zum Abschluss des Vermittlungsverfahrens in Betracht kommen. Dann besteht die realistische Chance, dass die Beauftragten ihren gesetzlichen Auftrag auch tatsächlich erledigen können.
Hier schreiben Dr. Vivian Kube, Hannah Vos und Arne Semsrott von FragDenStaat monatlich die Gastkolumne "Akteneinsicht" rund um das Thema Informationsfreiheit und Transparenz. FragDenStaat ist ein Portal zur Förderung der Informationsfreiheit in Trägerschaft der Open Knowledge Foundation Deutschland. Dr. Vivian Kube und Hannah Vos sind Rechtsanwältinnen und Juristinnen, Arne Semsrott ist Projektleiter.
Beauftragte für Informationsfreiheit ohne Macht: . In: Legal Tribune Online, 15.09.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/52710 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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