Seit Juli sind Elisabeth Lepique und Markus Sengpiel als Managing Partner von Luther im Amt. Während Sengpiel dem Kanzlei-Management schon seit 2010 angehört, ist Lepique neu an die Spitze der Kanzlei gewählt worden. Im Interview erzählt das Management-Duo, warum es eine Frauenquote für hinderlich hält und wieso Luther sich internationaler ausrichten will.
LTO: Frau Lepique, nach Ihrer Wahl wurde viel darüber geschrieben, dass mit Ihnen erstmals in der Kanzleigeschichte eine Frau an die Spitze gewählt wurde. Finden Sie das selbst auch so außergewöhnlich?
Lepique: Aus meiner Sicht ist das nicht außergewöhnlich. Ich denke, dass dieses Wahlergebnis vor allem zeigt, welche Karrieremöglichkeiten Luther bietet. Was den Frauenanteil bei unseren Rechtsanwälten und Steuerberatern betrifft, ist Luther ja schon seit Jahren im Kanzleivergleich weit vorne. Insofern hat dieses Thema bei meiner Wahl zum Managing Partner keine Rolle gespielt.
LTO: Was denken Sie über Kanzleien, die sich eine Frauenquote geben – und käme solch ein Schritt für Luther auch in Betracht?
Lepique: Das Thema Diversity ist ein essentieller Teil unserer Kanzleiphilosophie: Es ist schlicht selbstverständlich, dass sich bei Luther jeder weiterentwickeln kann, wenn Leistung und Persönlichkeit stimmen – unabhängig vom Geschlecht oder der Herkunft. Mit einer Frauenquote wäre das Thema Karriereförderung auf den Kopf gestellt, denn sie gilt ja nur für Top-Positionen. Karriereförderung – ob nun für Frauen oder Männer – sollte dagegen deutlich breiter angelegt sein. Ich treffe im Berufsalltag viele erfolgreiche Frauen in verantwortungsvollen Positionen. Die meisten sprechen sich gegen eine Quote aus. Wenn sie ihren Job über eine Quote bekommen hätten, müssten sie ständig Energie aufbringen, um zu beweisen, dass sie qualifiziert sind. Effizienter ist es, sich voll auf die eigentlichen Aufgaben fokussieren zu können.
"Momentan liegt unser Fokus nicht auf der Eröffnung weiterer Büros"
LTO: Herr Sengpiel, in Ihrer letzten Amtszeit hat Luther die Fühler nach Myanmar und Indien ausgestreckt. Welche Länder stehen als nächstes auf der Agenda?
Sengpiel: Wir schauen natürlich immer, wo sich durch neue Wachstumsmärkte Chancen bieten. Allerdings liegt unser Fokus momentan nicht auf der Eröffnung weiterer Büros. Stattdessen bauen wir lieber die noch recht jungen Büros in Yangon/Myanmar und in London aus. In Yangon haben wir im Mai das einjährige Bestehen des Standortes gefeiert. Luther ist hier mittlerweile sehr gut vernetzt und arbeitet eng mit unserem Corporate-Services-Team in Singapur zusammen. In London haben wir Ende Mai gemeinsam mit der British Chamber of Commerce in Germany eine Konferenz zum Austausch zwischen Europa und Brasilien organisiert. Wir pflegen also den Kontakt zu interessanten Regionen, auch wenn wir dort kein eigenes Büro haben.
LTO: Können Sie schon etwas zur Umsatzentwicklung im abgelaufenen Geschäftsjahr sagen?
Sengpiel: Zu den Zahlen können wir im Moment noch nichts Konkretes sagen. Aber soviel vorab: Die Auftragslage im Geschäftsjahr 2013/14 war sehr gut, so dass wir dem Jahresergebnis äußerst optimistisch entgegensehen. Wie schon im vorigen Jahr werden wir wohl bei den Kennzahlen ein überdurchschnittliches Wachstum verbuchen.
"Der Komplex 'Infrastruktur' wird langfristig wichtig werden"
LTO: Frau Lepique, nach Ihrer Wahl sagten Sie, dass das "frühzeitige Besetzen von zukunftsträchtigen Beratungsthemen" im Fokus der Kanzleistrategie stehe – was haben Sie dabei besonders im Blick?
Lepique: Wir versuchen zu antizipieren, welche Themen für unsere Mandanten langfristig wichtig werden. Eines dieser Themen ist zum Beispiel der gesamte Komplex "Infrastruktur" – eine Schnittmenge aus Energierecht, öffentlichem Recht, Beihilfe- und Vergaberecht, Immobilienrecht und so weiter. Dem schließen sich Finanzierungsfragen der öffentlichen Infrastruktur an. Dann ist natürlich der Trend national und international aufgestellter Unternehmen in Deutschland zu spüren, sich streitig auseinanderzusetzen. Sowohl national als auch international, wie die zahlreichen Schiedsgerichtsverfahren zeigen, sind Litigation- und Arbitration-Spezialisten gefragt.
LTO: Mit welchen konkreten Maßnahmen wollen Sie diese Felder besetzen?
Sengpiel: Mit Blick auf die Zukunft ist es für uns entscheidend, über eine profunde Expertise in den langfristig interessanten Branchen zu verfügen. Um unser Branchen-Know-how intern besser zu vernetzen, haben wir voriges Jahr fachbereichsübergreifende Praxisgruppen gebildet. Den Ansatz, unsere Beratung auf den konkreten Bedarf der Mandanten zuzuschneiden, statt der fachlichen Ordnung den Vorrang zu geben, werden wir sicherlich weiterverfolgen.
LTO: Was ist die größte Herausforderung für Luther in den kommenden vier Jahren? Wie wollen Sie diese meistern?
Lepique: Die Globalisierung der Wirtschaftsbeziehungen schlägt sich natürlich auch in den Anforderungen an Kanzleien wieder. Daher werden wir, wie schon von Markus Sengpiel angesprochen, dem Ausbau der internationalen Ausrichtung viel Aufmerksamkeit widmen: Wir planen, nicht nur unsere Ressourcen in Asien, sondern auch in London, Luxemburg und Brüssel zu stärken. Zweites wichtiges Ziel ist die Intensivierung der Zusammenarbeit mit bestehenden Netzwerken. Luther ist seit Jahren das einzige deutsche Mitglied von Taxand – einem Netzwerk, das in rund 100 Ländern weltweit vertreten ist. Wir nutzen diese Kontakte schon jetzt nicht nur in steuerrechtlichen Mandaten, sondern auch bei grenzüberschreitenden Transaktionen. Sicherlich können wir über die Zusammenarbeit mit befreundeten Kanzleien aber noch mehr Potential nutzbar machen.
Das Interview führte Anja Hall.
Neues Management-Duo bei Luther: . In: Legal Tribune Online, 23.07.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/12641 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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