Zeugen, mit denen kein Blumentopf zu gewinnen ist und ein "kabarettartiges" Plädoyer der Staatsanwaltschaft: Am Freitag soll das Urteil im Prozess gegen den ehemaligen Porsche-Chef Wendelin Wiedeking und Finanzvorstand Holger Härter fallen.
Mit dem Plädoyer der Verteidigung geht der Prozess gegen die beiden früheren Porsche-Manager Wendelin Wiedeking und Holger Härter in die letzte Woche. Den beiden wird vorgeworfen, Anleger im Jahr 2008 nicht ausreichend über die Pläne des Sportwagenkonzerns zum Einstieg bei Volkswagen informiert zu haben. Wiedeking und Härter sollen versucht haben, den Kurs der VW-Aktie zu beeinflussen, um dadurch die Übernahme des Branchenriesen finanziell stemmen zu können. Das Vorhaben scheiterte und VW drehte den Spieß um: Der hoch verschuldeten Sportwagenbauer Porsche ist heute eine Tochter von Volkswagen.
Nach 20 Verhandlungstagen will das Landgericht Stuttgart an diesem Freitag, den 18.3., das Urteil fällen (Az.: 13 KLs 159 Js 69207/09). Die Staatsanwaltschaft fordert für Wiedeking zweieinhalb Jahre Haft und für Härter zwei Jahre und drei Monate. Die Anwälte der früheren Top-Manager pochen indes auf einen Freispruch ihrer Mandanten.
Wiedeking hat sich in dem Verfahren zwei der bekanntesten deutschen Strafverteidiger zur Seite geholt: Hanns Feigen, der Uli Hoeneß im Verfahren wegen Steuerhinterziehung vertreten hat, und Dr. Walther Graf, zu dessen Mandanten unter anderem die Deutsche Bank zählt. Holger Härter setzt auf Anne Wehnert und Sven Thomas, deren Kanzlei tdwe beispielsweise Thomas Middelhoff im Arcandor-Prozess vertreten hat.
Verteidigung: Staatsanwaltschaft hat "nichts verstanden"
Härter und Wiedeking äußerten sich nur zu Beginn des Verfahrens. Damals wiesen sie alle Anschuldigungen vehement von sich. "Wir waren Visionäre, keine Spieler", sagte Wiedeking im Oktober. Seither lassen die beiden nur noch ihre Anwälte sprechen - und diese nehmen kein Blatt vor den Mund. Die Staatsanwaltschaft habe "nichts verstanden", monierte Verteidiger Graf unlängst. Die Vorwürfe seien haltlos. Das Abschlussplädoyer der Staatsanwaltschaft habe "kabarettartige Züge" gehabt.
Zuvor war Staatsanwalt Heiko Wagenpfeil rhetorisch in die Vollen gegangen. So wie es einst für Caesar im Krieg gegen Pompeius nach dem Überschreiten des Rubicon kein Zurück gegeben habe, sei es auch den damaligen Porsche-Chefs um Alles oder Nichts gegangen - sie hätten die Übernahme von VW unbedingt durchboxen wollen und dabei mit gezinkten Karten gespielt.
Zeugen können Vorwürfe nicht bestätigen
Allerdings hat bisher kein Zeuge diese Vorwürfe wesentlich gestützt. Rechtsberater und Banker traten auf, doch niemand von ihnen bestätigte die Verschleierung. Staatsanwalt Wagenpfeil räumt denn auch ein, dass mit den Zeugen "kein Blumentopf zu gewinnen war". Die Angeklagten aber seien dennoch schuldig, weil die "Beweisanzeichen" erdrückend seien, es also Hinweise auf einen früh gefassten Übernahmebeschluss etwa in E-Mails gebe, beharrt er.
Der Strafrechtler Prof. Dr. Matthias Jahn, Geschäftsführender Direktor des Instituts für Kriminalwissenschaften und Rechtsphilosophie der Universität Frankfurt und Richter am OLG Frankfurt, glaubt vor diesem Hintergrund nicht an einen Schuldspruch: "Zeugen sind das beste Beweismittel im Strafprozess - auch ohne Bestätigung der Vorwürfe durch die Zeugen ist eine Verurteilung theoretisch zwar noch möglich, aber unwahrscheinlich", sagt er.
dpa/ah/LTO-Redaktion
Prozess um Marktmanipulation: . In: Legal Tribune Online, 14.03.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/18776 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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