Nach Ansicht der Justizminister soll das Fälschen von Impfpässen härter bestraft werden. Weitere Themen auf der Konferenz der Ressortchefs waren Schutzlücken im NetzDG, kriminelle Chatgruppen und die virtuelle Hauptversammlungen.
Bei letzten Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister vor der Bundestagswahl ging es vor allem darum, Zeichen zu setzen, was den Ressortchefs im Hinblick auf die Koalitionsverhandlungen wichtig ist. So sprachen sie sich geschlossen dafür aus, den Rechtsstaatspakt zu verlängern: Der Bund soll die Länder nochmals finanziell unterstützen, damit sie Stellen schaffen und die Digitalisierung der Justiz voranbringen können.
Aber bei der Online-Konferenz, die am Mittwoch unter dem Vorsitz von Nordrhein-Westfalen stattfand, standen auch noch zahlreiche andere Themen auf der Tagesordnung, unter anderem Beschlüsse zu gefälschten Impfässen, kriminellen Chatgruppen und zur virtuellen Hauptversammlung.
Eines der Themen ist nach Auffassung der Justizministerinnen und Justizminister so drängend, dass es möglichst noch vor der Bundestagswahl in Angriff genommen werden sollte: Angesichts der Fälle von gefälschten Impfpässen und Testzertifikaten drängen die Länder auf eine rasche Verschärfung des Strafrechts. Die Fälschung von Gesundheitszeugnissen solle der Urkundenfälschung bei anderen Dokumenten gleichgestellt werden. Die Bundesjustizministerin wird in dem Beschluss gebeten, einen entsprechenden Gesetzentwurf zu erarbeiten.
Schärfere Strafen für gefälschte Impfpässe
"Klar müsste sein, Fälscher von solchen Gesundheitszeugnissen dürfen nicht geringer bestraft werden als die Fälscher anderer Urkunden", agte die Hamburger Senatorin für Justiz, Anna Gallina (Grüne) in einer Online-Pressekonferenz nach dem Treffen. Immer häufiger werden nach ihren Worten gefälschte Impfpässe im Internet oder auch in Chatgruppen zum Kauf angeboten. Die Justizminister der Länder hätten bei diesem Thema eine sehr große Geschlossenheit an den Tag gelegt und "dem Bund auch noch mal sehr nachdrücklich mit auf den Weg gegeben, dass es ein zeitlich drängendes Thema ist und dass wir hier zügige Aktivitäten in diese Richtung brauchen", unterstrich Gallina.
Hessens Justizministerin Eva Kühne-Hörmann (CDU) kritisierte in der Online-Pressekonferenz, dass das wichtige Thema der gefälschten Gesundheitszeugnisse nicht schnellstmöglich gelöst werde. "Gerade jetzt erlässt der Bund ohnehin in hoher Schlagzahl Vorschriften zum Gesundheitsschutz. Es wäre also ein Leichtes auch das Strafgesetzbuch an dieser Stelle in den Blick zu nehmen. Stattdessen soll erneut eine Arbeitsgruppe zu dem Thema eingesetzt werden. Hierfür habe ich wenig Verständnis", so Hörmann.
Im Beschluss heißt es, vor dem Hintergrund der von Fälschungen ausgehenden Gefahren für das Leben und die Gesundheit der Bevölkerung sowie für die Funktionsfähigkeit der medizinischen Notfallversorgung sei die bisherige rechtliche Einordnung nicht mehr zeitgemäß. Der Strafrahmen für die Fälschung von Gesundheitszeugnissen nach § 277 Strafgesetzbuch (StGB) sei gegenüber der Urkundenfälschung (§ 267 StGB) weitaus geringer. Für die Fälschung von Gesundheitszeugnissen drohen bis zu einem Jahr Haftstrafe. Bei Urkundenfälschung drohen hingegen bis zu fünf Jahre Haftstrafe.
Kriminelle Chats, Schutzlücken im NetzDG, Angriffe auf Journalisten
Zudem befassten sich die Justizministerinnen und Justizminister mit weiteren strafrechtlichen Themen. Bayern brachte gleich mehrere Besschlussvorlagen ein und war damit erfolgreich - die CDU/CSU-stellt die Mehrheit der Ressortchefs. So sollen etwa bei "gewaltsame Ein-und Übergriffe auf und in den räumlichen Schutzbereich von Verfassungsorganen" ergänzende Regelungen geprüft werden. Dabei geht es um Ereignisse wie die Versammlung von Reichsbürgern und anderen rechten Demonstranten auf der Treppe vor dem Reichstagsgebäude im vergangenen Jahr. Zudem betonten die Justizministerinnen und Justizminister, dass Verfolgung antisemitischer Straftaten soll grundsätzlich im öffentlichen Interesse liege.
Auch zu strafbaren Inhalten in Chatgruppen gab es einen Beschluss. Zuletzt hätten volksverhetzende Parolen, verfassungswidrige Kennzeichen und andere inkriminierte Inhalte zunehmend in "geschlossenen Chatgruppen" von Messengerdiensten Verbreitung gefunden, hieß es. Dem müsse mit den Mitteln des Strafrechts ausdrücklich entgegengetreten werden, so der Beschluss.
In Kampf gegen strafbare Inhalte im Internet müssten außerdem Schutzlücken im Netzwerkdurchsuchungsgesetz (NetzDG) geschlossen werden, so die Justizminister. Auch über nicht vom NetzDG erfasste Messengerdienste mit großen Gruppen oder Kanälen würden strafbare Inhalte verbreitet. Die Bundesjustizministerin soll nun prüfen, ob "unerwünschte Schutzlücken" geschlossen werden können. Auch mit sogenannten Deep Fakes - gefälschten Bildern und Videos, die die öffentliche Meinungsbildung manipulieren können - soll sich das Bundesjustizministerium befassen.
Wegen der zunehmenden Gewalt gegen Medienschaffende im Zusammenhang mit der Berichterstattung über Corona-Proteste betonten die Justizminister die hohe Bedeutung der Pressefreiheit. Mit Sorge werde zur Kenntnis genommen, "dass die zunehmend aggressive Ablehnung einer Minderheit gegenüber einer inhaltlich pluralistischen, an Fakten orientierten Medienberichterstattung in einer wachsenden Zahl körperlicher und verbaler Angriffe auf Journalistinnen und Journalisten mündet", heißt es. Die Justizminister halten es für erwägenswert, den strafrechtlichen Schutz von Medienschaffenden vor Angriffen und Behinderungen in ihrem Beruf zu verbessern.
Virtuelle Hauptversammlung
Neben dem Strafrecht war auch das Aktienrecht Thema auf der diesjährigen Jumiko. So soll die virtuell abgehaltene Hauptversammlung nach Ansicht der Länder-Justizminister dauerhaft eine gleichberechtigte Alternative zur Präsenzversammlung werden. "Die Pandemie hat deutlich gemacht, dass auch Hauptversammlungen virtuell gut abgehalten werden können", sagte der Vorsitzende der Konferenz, NRW-Justizminister Peter Biesenbach (CDU), am Donnerstag in Düsseldorf.
Es solle Unternehmen selbst überlassen bleiben, ob sie dieses Mittel nutzen wollen oder nicht. Zum Jahresende laufe dazu eine Frist ab. Durch eine Änderung des Aktiengesetzes sollte Gesellschaften auch in der Zeit nach dem 31. Dezember 2021 die Durchführung einer virtuellen Hauptversammlung ermöglicht werden, heißt es in einem entsprechenden Beschluss.
acr/aka/LTO-Redaktion
mit Materialien der dpa
Beschlüsse der Justizministerkonferenz: . In: Legal Tribune Online, 17.06.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/45237 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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