beA-Nachrichten, per Post in die Kanzlei: Anwälte können jetzt das Internet aus­dru­cken

von Pia Lorenz

01.12.2017

Ein Anwaltsdienstleister bietet an, im beA eingegangene Nachrichten auszudrucken und per Post in die Kanzlei zu schicken. In den sozialen Netzwerken gehört "Think before you print" noch zu den netteren Kommentaren. Aber die Nachfrage ist da.

"Der Anwaltsdienstleister Soldan kennt seine Kunden gut", twitterte ein Anwalt am Montag. Sein Tweet, der mit einem ironischen "#LegalTech, wir kommen" endete, ging innerhalb der juristischen Community binnen kürzester Zeit viral. Nun ist der typische Nutzer sozialer Netzwerke im Allgemeinen und von Twitter im Besonderen vermutlich nicht gerade die Zielgruppe, die die Soldan GmbH mit ihrem Angebot ansprechen will.

Über das Modell, das der Anwaltsdienstleister aus Essen am Montag vorstellte, wunderten sich aber auch weniger digitalaffine Juristen: Die GmbH bietet Anwälten die Möglichkeit, die Nutzung des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs (beA) zu umgehen. Mit einem Produkt namens "beA-Postfach-Service" können die Anwälte sich dort eingehende Nachrichten weiterleiten lassen – per Mail oder per Post.

Ein zentraler Server rufe die Nachrichten aus dem jeweiligen beA-Postfach ab, heißt es in einer Mitteilung. Sie könnten dann automatisch über eine Schnittstelle an den Kanzlei-Server versandt werden oder würden an die Deutsche Post übermittelt, "wo sie ausgedruckt, kuvertiert und anschließend zugestellt werden". Kostenpunkt 19 Euro pro Monat, bei Postversand zuzüglich Porto. Aus Sicht von Soldan konterkariert das Modell weder das Anwaltspostfach noch den Elektronischen Rechtsverkehr (ERV), der bis 2022 flächendeckend umgesetzt sein soll. 

Soldan: "Mit Übergangstechnologie die Geschwindigkeit des Prozesses selbst steuern"

Laut dem Dienstleister kommt der Wunsch nach einer solchen Lösung unmittelbar aus der Anwaltschaft. "Die örtlichen Anwaltvereine berichten über Mitglieder, die angesichts des beA tatsächlich Ihre Zulassung zurückgeben wollen, obwohl sie bislang planten, noch einige Jahre ihre Anwaltstätigkeit weiter auszuüben", so Soldan-Geschäftsführer René Dreske gegenüber LTO. Für viele sei der Schritt in eine digitale Kanzleiorganisation zu groß, um ihn noch in Angriff zu nehmen. Andere kämen ohne eine Kanzleiinfrastruktur aus. Das gelte, so Dreske, besonders für viele der Syndikusanwälte, die nur selten forensisch tätig werden.

Für die Syndizi steht das Anwaltspostfach nach Angaben der Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) seit dem 27. November 2017 zur Verfügung. Es musste mit erheblichem technischen Aufwand nachgerüstet werden, nachdem der Gesetzgeber diese Art der Anwaltszulassung zum 1. Januar 2016 geschaffen hatte. Auch sie müssen, wie die gesamte Anwaltschaft, ab dem 1. Januar 2018 das beA zumindest passiv nutzen, also dort eingehende Nachrichten abrufen und gegen sich gelten lassen.

Bei der Erfüllung dieser passiven Nutzungspflicht will Soldan nach eigenen Angaben "jeden Anwalt unterstützen", so der Dienstleister am Montag bei Twitter. Laut Geschäftsführer Dreske soll der Service den Anwälten "als eine Art Übergangstechnologie die Möglichkeit geben, die Geschwindigkeit dieses Prozesses selbst zu steuern".

Die Resonanz aus der Anwaltschaft sei, so Dreske, deutlich höher gewesen als erwartet. "Dabei hat es uns überrascht, dass unsere beA-Lösungen auch von sehr großen Kanzleien angefragt wurden". Dabei gehe es nicht nur um die Möglichkeit, beA-Nachrichten ausgedruckt per Post zugestellt zu bekommen, sondern in vielen Fällen auch um die automatisierte Abholung der Nachrichten aus dem beA und die Weiterleitung an den kanzleieigenen Mail-Server. Das geht über die im Postfach ab Werk vorgesehene Möglichkeit hinaus, sich über den Eingang einer Nachricht per Mail benachrichtigen zu lassen, die man dann aber doch noch abrufen muss. 

Die Anzahl erstregistrierter Anwälte, die Soldan am Montag noch mit nur 38.000 bezifferte, korrigierte die für den Betrieb des Anwaltspostfachs verantwortliche BRAK auf Anfrage von LTO. Stand Ende November hätten sich rund 50.000 Anwälte erstregistriert, bestellt worden seien bereits 120.500 Karten, davon etwa die Hälfte mit der Möglichkeit, eine qualifizierte elektronische Signatur zu generieren, so BRAK-Sprecherin Stephanie Beyrich.

Zitiervorschlag

Pia Lorenz, beA-Nachrichten, per Post in die Kanzlei: . In: Legal Tribune Online, 01.12.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/25797 (abgerufen am: 23.11.2024 )

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