Das Auge hört und liest mit
"Um sich begreiflich zu machen, muss man zum Auge reden." Ob J. G. von Herder bei diesem Satz auch an Juristen gedacht hat? Vermutlich nicht. Schließlich ist Jura seit jeher eine Wissenschaft, ein "Handwerk" der Sprache, welche geradezu virtuos beherrscht werden will. Um anderen Personen zu ihrem Recht zu verhelfen oder es für sie nutzbar zu machen, bedarf es neben guten Argumenten immer auch einer geschickt eingesetzten Rhetorik sowie der Kunst, mit sprachlichen Mitteln Verhand¬lungsspielräume zu eröffnen. Den zwangsläufig allgemein gehaltenen Rechtsvorschriften ist es darüber hinaus geradezu immanent, dass sie durch ihre Anwender im konkreten Fall nicht nur inhaltlich präzisiert, sondern bisweilen auch spitzfindig interpretiert werden. Können wir uns angesichts dessen also zurücklehnen und die auf uns gerichteten Augen ruhigen Gewissens an andere Professionen verweisen? Es gibt sicher viele gute Gründe, dies zu tun, aber ist es wirklich klug? Vielleicht distanzieren wir uns damit auch von der sich unaufhaltsam fortentwickelnden Mediengesellschaft, für deren rechtliche Ordnung wir zuständig sind. Man mag die Bilderflut der Neuen Medien und die damit einhergehende Veränderung der Kommunikation gutheißen oder nicht – Fakt ist, dass sich diese Entwicklung nicht aufhalten lässt, weil sie die Menschen offensichtlich fasziniert. Auch juristische Köpfe wissen sie zu schätzen, keine Frage. Nur meistens endet die Begeisterung beim Internetzugang, der eigenen Homepage und den Möglichkeiten der neuesten Anwaltssoftware. Doch können Bilder auch juristische Inhalte transportieren; Bilder die es verstehen, dem medienorientierten Bürger das Recht zu vermitteln.
Überzeugung bedarf klarer und anschaulicher Kommunikation
Der eine oder andere mag eine Diskussion darüber anfangen wollen, ob und wenn ja wie viel der Bürger überhaupt vom Recht verstehen kann (und soll?). Für diesen Fall sei daran erinnert, dass jeder Jurist, der seine Arbeit gut machen will, üblicherweise auch ganz persönlich daran interessiert ist, sich seinem Gegenüber begreiflich zu machen, und zwar unabhängig davon, mit wem er es zu tun hat. Denn sein Job besteht zu einem wesentlichen Teil darin, andere zu überzeugen: den Richter, den Verhandlungspartner, Behörden und Gremien, den Mandanten, Studenten oder Kollegen. Gelingen kann dies nur, wenn er Menschen so anspricht, dass sie sich für das interessieren, was er zu sagen hat und wenn das, was er sagt, für sie nachvollziehbar ist. Gute Rhetorik ist dabei sicherlich von Vorteil. Wirklich befriedigend ist das Resultat aber nur dann, wenn der Jurist andere mit Inhalten wirklich erreicht, vielleicht sogar ihre Sprache gesprochen hat. Wie wunderbar das Gefühl, wenn der andere einem Recht gibt oder man den Groschen des Verstehens in seinem Kopf förmlich fallen hört …Worte und Bilder – gemeinsam sind sie stark
Hinzu kommt, dass das gesprochene oder geschriebene Wort in seiner Kombination mit Bildern geradezu unschlagbar ist, um Inhalte nachhaltig im Kopf des Lesers oder Zuhörers zu verankern. Worte führen die Details aus, liefern Argumente und entwickeln Theorien. All dies darf und soll der Juristin oder dem Juristen und dem Recht als Wissenschaft und "Handwerk der Sprache" nicht genommen werden. Grafiken können die Ausführungen aber ergänzen. Sie sind den Worten deutlich überlegen, wenn es darum geht, Strukturen darzustellen, im wahrsten Sinne des Wortes einen Überblick zu verschaffen und den Standort eines Problems zu bestimmen. Alles Dinge, auf die ein nahezu unüberschaubares Rechtssystem in einer komplexen Gesellschaft zwingend angewiesen ist, um funktionieren zu können und nachvollziehbar zu bleiben.Auf Jobsuche? Besuche jetzt den Stellenmarkt von LTO-Karriere.
2011 M10 6
Teilen