Syndikusanwälte und die Rentenversicherung

Grundsatzurteil kommt früher als erwartet

von Martin W. HuffLesedauer: 3 Minuten
Überraschend schnell hat jetzt der 5. Senat des BSG nach der Übernahme mehrerer Verfahren zum Jahreswechsel terminiert. Schon am 3. April 2014 will das Gericht die ersten Verfahren zur Befreiung der Syndikusanwälte von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung verhandeln. Martin W. Huff berichtet.

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Seit gut fünf Jahren gibt es heftige Auseinandersetzungen zwischen den Syndikusanwälten einerseits und der Deutschen Rentenversicherung Bund andererseits. Im Kern steht dabei die Frage, ob Syndizi ebenso wie ihre "normalen" Anwaltskollegen von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit werden können. Inzwischen haben nicht weniger als sechs Revisionsverfahren das Bundessozialgericht (BSG) erreicht. Mit weiteren Revisionen ist zu rechnen, besonders wenn das Bayerische Landessozialgericht die Urteilsgründe für Entscheidungen aus dem Dezember 2013 zustellt, was bislang noch nicht geschehen ist. Die ausgesprochen schnelle Terminierung von drei der insgesamt sechs beim BSG in dieser Rechtsfrage anhängigen Verfahren dürfte politisch motiviert sein, wie Arbeitgeberverbände in Rundschreiben vermuten. Auch die besondere politische Brisanz der hier zu beurteilenden Rechtsfrage sowie der Umstand, dass viele Landessozialgerichte mit Blick auf die Antwort aus Kassel laufende Verfahren aussetzen, dürften nach Einschätzung von Experten eine große Rolle gespielt haben. Insgesamt sind über 100 Verfahren bei den Landessozialgerichten anhängig, betroffen sein dürften über 20.000 Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte in Unternehmen, Verbänden und Vereinen.

Ansichten der Landessozialgerichte völlig verschieden

Wie unterschiedlich die Auffassungen der Landessozialgerichte hinsichtlich der Befreiungsfähigkeit von Syndikusanwälten sind, zeigt sich deutlich anhand der drei Verfahren, über die am 3. April 2014 das BSG zu entscheiden hat: 1. Aktenzeichen B 5 RE 3/14 R (Vorinstanz: LSG Stuttgart, Urt. v. 23.01.2013, Az. L 2 R 2671/12): In diesem Verfahren geht es um die Befreiung eines angestellten Rechtsanwalts  in einem Chemieunternehmen, der den Konzern insbesondere in sozial- und arbeitsrechtlichen Fragen berät, indem er sich um die betriebliche Altersvorsorge kümmerte. Der 2. Senat hatte grundsätzlich die Möglichkeit der Befreiung von Syndikusanwälten bejaht (§ 6 SGB VI) und die von der Deutschen Rentenversicherung entwickelten vier Merkmale für die Beurteilung der anwaltlichen Tätigkeit (Rechtsberatung, Rechtsgestaltung, Rechtsentscheidung und Rechtsvermittlung) für anwendbar und sinnvoll gehalten. Es hat nur bei dem Kläger zwei dieser Merkmale als nicht erfüllt angesehen.   2. Aktenzeichen B 5 RE 9/14 R (Vorinstanz: LSG Stuttgart, Urt. v. 19.02.2013, Az. L 11 R 2182/11): Geklagt hat in diesem Fall ein Rechtsanwalt, der als Vorstandsreferent und Compliance-Beauftragter bei einer Versicherung tätig ist. Hier hat der Arbeitgeber ausdrücklich eine anwaltliche Tätigkeit bestätigt und ausgeführt, dass diese Tätigkeiten nur ein Rechtsanwalt ausüben kann. Der 11. Senat hat die Auffassung vertreten, dass für die Befreiung von der Versicherungspflicht die Zulassung als Rechtsanwalt, die Pflichtmitgliedschaft im Versorgungswerk und die Vereinbarkeit der Tätigkeit mit dem Anwaltsberuf – bestätigt durch die Anwaltskammer – ausreichend sind. Daher käme es auf die konkrete Tätigkeit insoweit nicht an. 3. Aktenzeichen B 5 RE 13/14 R (Vorinstanz: LSG Essen, Urt. v. 07.05.2013, Az.  L 18 R 170/12): In diesem Verfahren geht es um die Befreiung einer Rechtsanwältin, die bei einem Beratungsunternehmen für betriebliche Altersversorgung und –vergütung angestellt ist und erst Jahre später eine Befreiung für die Tätigkeit beantragt hat. Der 18. Senat des LSG Essen hat in ihrem Fall, ebenso wie in zwei weiteren Urteilen die Auffassung vertreten, dass eine Befreiung im Grundsatz überhaupt nicht möglich sei, weil Syndikusanwälte keine richtigen Rechtsanwälte seien, weil sie weisungsabhängig agierten und mit angestellten Rechtsanwälten in Kanzleien nicht vergleichbar seien.

Sozialgerichte definieren, wer Anwalt ist und wer nicht

Wie die Bewertung des BSG ausfallen wird, ist völlig offen. Der vorher zuständige 12. Senat des BSG hatte in einem Urteil vom 31. Oktober 2012 (Az. B 12 R 3/11 R) ausgeführt, dass es für eine berufsspezifische Tätigkeit auf die konkreten berufsrechtlichen Regelungen ankomme. Wie dies für die Rechtsanwälte aussieht, blieb dabei offen. Für die Frage, was genau eigentlich anwaltliche Tätigkeit ist, wird die Entscheidung des BSG große Bedeutung haben. Sie wird von der Anwaltschaft dementsprechend mit Spannung erwartet – allerdings auch mit einem gewissen Bedauern, denn derart grundlegende Fragen würden viele Mitglieder des Berufsstands lieber selbst klären, als dies den Sozialgerichten zu überlassen.

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Thema:

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