8: Heimlicher Eingriff auf der Autobahn
Es ist seit Jahren eine ständige Praxis der Gefahrenabwehr. Einige Bundesländer erfassen auf bestimmten Strecken automatisch die Kennzeichen der vorbeifahrenden Fahrzeuge. Die Kennzeichen werden dann mit Fahndungsdaten abgeglichen.
Die Richter des BVerwG in Leipzig hatten 2014 zu dieser Praxis zu entscheiden und konnten sich noch ausdrücklich auf die Vorgaben aus Karlsruhe berufen. Denn im Jahr 2008 hatte das BVerfG entschieden, dass bei einer automatischen Kfz-Kennzeichenüberwachung erst dann ein Eingriff vorliege, wenn nach der Erfassung auch ein Treffer mit der Fahndungsdatenbank erfolgt. Die Leipziger Richter sahen 2014 deshalb für eine Klage eines bayrischen Informatikers gegen den Kennzeichenabgleich schon gar keinen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, Art. 2 Abs. 1 iVm Art. 1 Abs. 1 GG.
Das BVerfG verpasste nun seinem eigenen 2008er Urteil ein Update (Beschl. v. 18.12.2018, Az. 1 BvR 142/15 und 1 BvR 3187/10). Der Erste Senat nennt die Entscheidung in den Leitsätzen selbst "Kfz-Kennzeichenkontrollen 2". Das Erfassen von Kfz-Nummernschildern zum Abgleich mit Fahndungsdateien ist doch ein Grundrechtseingriff, entschieden die Richter. Also das bloße optische Erfassen genügt für den Grundrechtseingriff, auch wenn die Daten gleich wieder gelöscht werden. Damit dürfte es Bürgern in Zukunft in Karlsruhe leichter fallen, auch andere heimliche Überwachungsmaßnahmen verfassungsgerichtlich überprüfen zu lassen – auch wenn sie nicht sicher sein können, ob sie tatsächlich selbst betroffen sind. Die Landespolizeigesetze in Bayern, Baden-Württemberg und Hessen müssen nun nachgebessert werden.
Sollten Juristen kennen: . In: Legal Tribune Online, 27.12.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/39415 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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