"Exzellente Forschung kannte noch nie Altersgrenzen" – mit diesen Worten stellte das niedersächsische Wissenschaftsministerium 2008 die Niedersachsenprofessur vor. Wissenschaftlern soll damit ermöglicht werden, ihre Forschung auch nach der Pensionierung fortzuführen. Als erster Rechtswissenschaftler erhielt diesen Sommer Jörn Ipsen von der Universität Osnabrück die Förderung.
Mit 65 sollte noch nicht Schluss sein, dachte sich der Juraprofessor Jörn Ipsen und bewarb sich um die Niedersachsenprofessur, eine Förderung, die nicht jeder bekommt. Die Bewerber müssen hohe Anforderungen erfüllen. Das Programm richtet sich nur an Wissenschaftler mit hoher nationaler und internationaler Sichtbarkeit; die forscherischen Pläne für die Zukunft müssen dargelegt werden; der Lebenslauf und die wichtigsten Publikationen werden einem Peer-Review-Verfahren unterzogen.
Ipsen hat das Bewerbungsverfahren erfolgreich durchlaufen und ist seit August 2012 einer von neun Niedersachsenprofessoren. Der Jurist ist seit 1981 Professor an der Universität Osnabrück, war dort mehrmals Dekan des Fachbereichs Rechtswissenschaften, war Mitglied in der Aufbaukommission für die Juristische Fakultät der Universität Greifswald und machte sich so über seine Forschungs- und Lehrtätigkeit hinaus einen Namen als Staats- und Verwaltungsrechtler. Seine Lehrbücher gehören für Jurastudenten zur Standardlektüre. 2006 wählte ihn der Niedersächsische Landtag zum Präsidenten des Staatsgerichtshofs.
Zeit für neue Projekte
Ein Niedersachsenprofessor kann seine volle Arbeitskraft in eigene Forschungsprojekte investieren, steht darüber hinaus aber auch der Hochschule zusätzlich zur Verfügung. Ipsen freut sich darüber, seine bisherigen Forschungsfelder fortzuführen. Seine Schwerpunkte liegen nach wie vor im Staats- und Verwaltungsrecht, insbesondere im Kommunalrecht.
Aber der Rechtswissenschaftler will sich auch neuen Projekten widmen: "Ich habe mir zusätzlich ein größeres Projekt in der Verfassungsgeschichte vorgenommen und will die Rechtsfragen untersuchen, die sich im Zusammenhang mit dem Hannoverschen Staatsstreich 1837 ergeben haben. Neben diesem Projekt wird mich im nächsten Jahr vor allen Dingen die kommunale Gebietsreform beschäftigen. Ein weiterer Forschungsschwerpunkt wird die Wissenschaftsfreiheit sein, die keinem Gesetzesvorbehalt unterliegt, vielfach aber eingeschränkt ist."
Keine Leitungsfunktionen mehr
Die Niedersachsenprofessur wird auf bis zu drei Jahre übertragen und kann einmalig auf bis zu fünf Jahre verlängert werden. Der Seniorprofessor bekommt forscherischen Freiraum, muss aber auch seinen Stammplatz räumen. Schon in der Bewerbung muss er erklären, seinem Nachfolger alle hauptberuflichen Leitungs- und Verwaltungsfunktionen abzugeben.
Ipsen berichtet, dass seine Nachfolge als Direktor des Instituts für Kommunalrecht frühzeitig und der Übergang der Leitung im Einvernehmen mit ihm festgelegt worden sind. Er stehe seiner Nachfolgerin, Professorin Pascale Cancik, stets mit Rat zur Verfügung. Nicht umsonst ist eins der Ziele der Niedersachsenprofessur, ein Nebeneinander zu schaffen von wertvoller Expertise des pensionierten Wissenschaftlers und neuen Impulsen.
In Osnabrück vollzog sich der Wechsel denn auch fließend. Zwar hatte Ipsen das von ihm gegründete Institut seit 1989 als Direktor geleitet. Der Wechsel markierte daher einen großen Einschnitt in der Institutsgeschichte. Da Ipsen aber weiterhin im selben Gebäude residiert und dem Institut beratend zur Seite steht, konnten Reibungsverluste abgemildert und die Nachfolgerin einfacher eingearbeitet werden.
Ipsen: "Andere Bundesländer sollten dem niedersächsischen Beispiel folgen"
Die Volkswagenstiftung finanziert dem Niedersachsenprofessor auch Assistenten, wissenschaftliche Hilfskräfte und ein Sekretariat. Zwar seien die neuen Möglichkeiten mit seinem bisherigen Budget nicht vergleichbar, Ipsen weist aber darauf hin, dass ihm seine Mitarbeiter nun ausschließlich zur Unterstützung seiner Forschung zur Verfügung stünden.
Einem Niedersachsenprofessor wird eine nebenberufliche Professur übertragen. Auch wenn die zeitliche Belastung der einer normalen Professur entspricht, kann doch intensiver geforscht werden. Ein großer Teil der Lehrverpflichtung und der Verwaltungstätigkeit entfällt und gewährt so mehr forscherische Freiheit.
Insgesamt 1,5 Millionen Euro lassen sich das Land und die Volkswagenstiftung das Projekt kosten. Es ist das einzige Bundesland mit einer solchen Förderung und hat die Altersgrenze von 65 Jahren für Wissenschaftler auf 68 angehoben. Ipsen sieht darin ein gutes Beispiel: "Andere Bundesländer sollten dem folgen." Die Niedersachsenprofessur beweist, dass Forschung keine Altersgrenzen kennt.
Patrick Buse, Rechtswissenschaftler Ipsen erhält Niedersachsenprofessur: . In: Legal Tribune Online, 22.10.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/7360 (abgerufen am: 23.11.2024 )
Infos zum Zitiervorschlag