BGH stärkt Urheberrechte: Internet-Provider müssen Filesharer-IP-Adressen herausgeben

von Prof. Dr. Ralf Kitzberger, LL.M.

11.08.2012

Hat ein User offensichtlich unberechtigt einen Song in einer Online-Tauschbörse eingestellt, muss der Internet-Provider dem Rechteinhaber  dessen über die IP-Adresse ermittelten Namen und seine  Anschrift mitteilen. Das entschied der BGH mit der am Freitag veröffentlichten Entscheidung "Alles kann besser werden". Für die Rechteinhaber schon, kommentiert Ralf Kitzberger.

Das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) ist umso bemerkenswerter, als die beiden Vorinstanzen, das Landgericht und das Oberlandesgericht Köln den Antrag des Musikvertriebsunternehmens noch abgelehnt hatten.

Die Inhaberin der ausschließlichen Rechte zur Auswertung über Online-Tauschbörsen für die Tonaufnahmen des Musikalbums von Xavier Naidoos "Alles kann besser werden" hatte ein Unternehmen beauftragt, das IP-Adressen von Personen ermittelte, die den Titel "Bitte hör nicht auf zu träumen" über eine Online-Tauschbörse offensichtlich unberechtigt Dritten zum Herunterladen angeboten hatten. Die dynamischen IP-Adressen waren den Nutzern von der Deutschen Telekom AG als Internet-Provider zugewiesen worden.

Der Musikvertrieb beantragte also wie in solchen Fällen üblich (§ 101 Abs. 9 i.V.m. § 101 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Urheberrechtsgesetz), der Telekom zu gestatten, unter Verwendung der IP-Adressen Auskunft über den Namen und die Anschriften der Nutzer zum jeweiligen Zeitpunkt zu erteilen. Die Kölner Richter lehnten in zwei Instanzen ab mit der Begründung, ein solcher Auskunftsanspruch setze eine Rechtsverletzung in gewerblichem Ausmaß voraus.

BGH: In der Regel Auskunftsanspruch – auch ohne gewerbliches Ausmaß

Nach Ansicht des BGH hingegen muss die rechtsverletzende Tätigkeit das Urheberrecht oder ein anderes nach dem Urheberrechtsgesetz geschütztes Recht nicht in gewerblichem Ausmaß verletzt haben, wenn die Musikstücke offensichtlich unberechtigt in eine Online-Tauschbörse eingestellt wurden (BGH, Beschl. v. 19.04.2012, Az. I ZB 80/11).

Der Erhalt der Anschriften und Namen der Nutzer ist Voraussetzung, damit die Rechteinhaber diese identifizieren und die Urheberrechtsverstöße durch Abmahnung und gegebenenfalls eine Unterlassungsklage ahnden können.

Der Rechtsinhaber wäre faktisch schutzlos gestellt, soweit er diese Auskünfte nicht erhielte bei Filesharing, das kein gewerbliches Ausmaß aufweist, so die Richter des unter anderem für das Urheberrecht zuständigen I. Zivilsenats. Nach Ansicht des BGH widerspräche eine andere Auslegung dem Ziel des Gesetzes, Rechtsverletzungen im Internet wirksam zu bekämpfen.

Die Karlsruher Richter gehen dabei davon aus, dass unter Abwägung der betroffenen Rechte des Rechteinhabers, des Auskunftspflichtigen und des Nutzers sowie unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit in aller Regel ein Auskunftsanspruch bestehe.

Filesharing wird noch gefährlicher

Der BGH stärkt damit die Stellung der Urheber und Rechteinhaber im Kampf gegen unzulässige Musiktauschbörsen. Durch den Auskunftsanspruch gewährleistet der I. Senat die Rechtsdurchsetzung für den Urheber gewährleistet und gibt deutlich zu verstehen, dass Verletzungen von Urheberrechten nicht zu akzeptieren sind.

Das Urteil ist gleichzeitig Warnung für diejenigen, die sich nach wie vor sorglos in offensichtlich rechtswidrigen Online-Tauschbörsen "tummeln". Es bleibt abzuwarten, ob es vermehrt so genannte Abmahnwellen auslösen wird.

Für die Nutzer gilt nach wie vor, dass Vorsicht angebracht ist, insbesondere, da die abverlangten strafbewehrten Unterlassungserklärungen häufig sowohl hinsichtlich der Vertragsstrafe als auch bezüglich des Inhalts der Unterlassung viel zu weit gefasst sind.

Der Autor Prof. Dr. Ralf Kitzberger, LL.M. ist Partner der Kanzlei Grub Frank Bahmann Schickhardt Englert in Ludwigsburg und Honorarprofessor an der Merz Akademie Hochschule für Gestaltung, Kunst und Medien in Stuttgart.

Zitiervorschlag

BGH stärkt Urheberrechte: . In: Legal Tribune Online, 11.08.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/6819 (abgerufen am: 23.11.2024 )

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