Neues vom TÜV ab 1. Juli: Bei Verspätung nur noch teuer

von Adolf Rebler, Dr. jur.

30.06.2012

Ab dem 1. Juli können Autos wieder zu spät zum TÜV gebracht werden. Es drohen nur noch höhere Untersuchungskosten und ein Bußgeld. Die Frist bis zur nächsten Hauptuntersuchung verkürzt sich aber nicht mehr. Adolf Rebler erklärt, wieso, was ein Mangelbaum ist und wieso es nichts mehr nutzen wird, dem Prüfer schöne Augen zu machen.

Bis dass der TÜV uns scheidet. Für viele Fahrzeughalter wurde dieser Satz schon bittere Realität. Denn seit 1960 müssen Fahrzeuge technisch überwacht werden. Eine Prüfplakette am Nummernschild entscheidet damit letztlich über den weiteren Betrieb eines Fahrzeugs im Straßenverkehr.

Wann man zum TÜV muss, steht in der Straßen-Verkehrszulassung-Ordnung (StVZO). Die Hauptuntersuchung ist je nach Fahrzeugart in Abständen von ein bis zwei Jahren durchzuführen. Neufahrzeuge muss man erst nach drei Jahren vorfahren. Vor der Änderung, die am 1. Juli in Kraft tritt, lautete die relevante Vorschrift der StVZO: "Die Frist für die nächste Hauptuntersuchung beginnt mit dem Monat und Jahr der letzten Hauptuntersuchung; wurde diese verspätet durchgeführt, so beginnt die Frist mit dem Monat und Jahr, in dem die Hauptuntersuchung hätte durchgeführt werden müssen."

Fälligkeitsdatierung eingeführt und wieder aufgehoben

Hinter Halbsatz 2 verbarg sich die so genannte Fälligkeitsdatierung. Sie hatte zur Folge, dass bei einer Überschreitung des Termins für die Hauptuntersuchung die Frist nicht ab der tatsächlichen Vorführung des Fahrzeugs zu laufen begann, sondern dass vielmehr eine Rückdatierung erfolgte. Der Fahrzeughalter konnte also nicht mehr die reguläre Frist bis zur nächsten Hauptuntersuchung ausschöpfen, sondern hatte nur noch eine verkürzte Restlaufzeit zur Verfügung. Er wurde damit so behandelt, als hätte er sein Fahrzeug fristgemäß untersuchen lassen. Der zeitliche Vorteil durch die Verspätung wurde quasi abgeschöpft.

Die Fälligkeitsdatierung hatte der Verordnungsgeber 1999 eingeführt. Sie sollte verhindern, dass Fahrzeughalter durch ein bewusstes Überziehen der Fristen vorgeschriebene Hauptuntersuchungen einsparen können. Die Regelung war von Anfang an umstritten, und auch der Vollzug in den einzelnen Bundesländern war unterschiedlich.

Nun werden die Vorschriften über die Fälligkeitsdatierung wieder aufgehoben. Der Verordnungsgeber ist der Auffassung, eine Fälligkeitsdatierung entbehre jeder technischen Begründung. Für die Zuteilung der Prüfplakette und die vorgeschriebene Frist bis zur nächsten Untersuchung dürfe nur der technische Zustand des Fahrzeugs entscheidend sein.

Verspätung kostet Geld

Ein Überziehen der Fristen bleibt allerdings nicht folgenlos für den Fahrzeughalter. Denn die Vorschriften über die Zeitabstände zwischen den Untersuchungen beruhen, so die Begründung zur Änderungsverordnung, auf dem statistisch gemittelten Mängelaufkommen bei einem Fahrzeug. Im statistischen Mittel träten verstärkt Mängel auf, wenn Fahrzeuge mehrere Monate nach Ablauf der vorgeschriebenen Untersuchungsabstände vorgeführt würden.

Wer die Frist künftig um mehr als zwei Monate überzieht, muss deshalb zwingend eine Ergänzungsuntersuchung durchführen lassen. Das erfordert einen größeren Aufwand, und kostet daher auch mehr Geld: Der Kunde muss das 1,2-fache der üblichen Gebühr berappen.

Unverändert geblieben sind dagegen die Bußgelder: Wer ohne gültige Plakette erwischt wird, zahlt bei einer Überziehung um mehr als zwei Monate 15 Euro, bei vier bis acht Monaten 25 Euro und ab acht Monaten 40 Euro in die Staatskasse.

Kein Raum mehr für die Prüfermeinung

Künftig muss der Prüfer auch eine Probefahrt mit dem Fahrzeug machen. Die bisher statische Prüfung soll nun "dynamisch" sein, um das Fahrzeug zu konditionieren, wichtige Untersuchungspunkte schon bei der Fahrt abdecken zu können und gleichzeitig die Aktivierung der elektronischen Steuerungen einzelner Fahrzeugeinrichtungen vorzunehmen.

Außerdem wird für die Beurteilung durch den Sachverständigen ein so genannter "Mangelbaum" eingeführt, der den subjektiven Spielraum des Prüfers bei der Zuordnung zu den Mängelklassen GM (Geringe Mängel), EM (Erhebliche Mängel) und VU (Verkehrsunsicher) einschränken soll.

Bislang konnte er bei der Anwendung der maßgeblichen Richtlinie für die Durchführung von Hauptuntersuchungen (HU) und die Beurteilung der dabei festgestellten Mängel an Fahrzeugen nach § 29, Anlagen VIII und VIII a StVZO (HU-Richtlinie) manche Mängel je nach Grad der Ausprägung entweder als "GM" oder als "EM" einstufen. Der Mangelbaum, der nun ca. 4.000 fest vorgegebene Mängel und ihre Einstufung für die entsprechenden Fahrzeugklassen nebst Ortsangabe erhält, soll es dem Prüfer nun unmöglich machen, von "EM" auf "GM" auszuweichen.

Der Autor Adolf Rebler ist Regierungsamtsrat in Regensburg und Autor zahlreicher Publikationen zum Straßenverkehrsrecht.

Zitiervorschlag

Adolf Rebler, Neues vom TÜV ab 1. Juli: . In: Legal Tribune Online, 30.06.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/6502 (abgerufen am: 23.11.2024 )

Infos zum Zitiervorschlag
Jetzt Pushnachrichten aktivieren

Pushverwaltung

Sie haben die Pushnachrichten abonniert.
Durch zusätzliche Filter können Sie Ihr Pushabo einschränken.

Filter öffnen
Rubriken
oder
Rechtsgebiete
Abbestellen