Benjamin Limbach steht wegen der Cum-Ex-Ermittlungen massiv unter Druck – auch wegen der von ihm ursprünglich geplanten Neuorganisation bei der StA Köln. Nun soll die bisher für den Steuerskandal zuständige Abteilung gestärkt werden.
Stärkung statt Aufspaltung: Nordrhein-Westfalens Justizminister Benjamin Limbach (Bündnis 90/Die Grünen) hat im NRW-Landtag Auskunft gegeben, wie er sich künftig eine effektive Strafverfolgung des Steuerskandals Cum-Ex vorstellt. Bei seinem Auftritt am Donnerstag im Rechtsausschuss ging es sowohl um neue Strukturen bei der Staatsanwaltschaft (StA) Köln als auch um den Austausch mit dem Cum-Ex-Untersuchungsausschuss in Hamburg. Fest steht: Es wird bei der StA Köln zwar eine Neujustierung geben, aber nicht in dem Sinne, wie es sich der Justizminister ursprünglich vorgestellt hatte.
Limbach hatte die Schaffung einer weiteren Cum-Ex-Abteilung bei der Staatsanwaltschaft Köln vorgeschlagen, um die Verfahren noch schneller und effektiver führen zu können. Für diesen Vorschlag, die als "Aufspaltung" der bislang für die Strafverfolgung allein zuständigen Abteilung H interpretiert worden war, hatte er heftige Kritik einstecken müssen. Bei Cum-Ex-Bankern würden die Sektkorken knallen, hatte ihm etwa der Leiter der Organisation Finanzwende, der als hartnäckiger Cum-Ex-Aufklärer bekannte Ex-Grünen MdB Gerhard Schick, vorgeworfen. Mit seinem Vorschlag schwäche Limbach unnötig die bislang erfolgreich arbeitende Abteilungsleiterin Anne Brorhilker.
Außerdem war Limbach von Teilen der Opposition eine Verletzung seiner Amtspflicht vorgeworfen worden. Er soll Unterlagen, die der Hamburger Cum-Ex-Untersuchungsausschuss angefordert hatte, im März und Mai 2023 nicht unverzüglich an die Hansestadt weitergeleitet haben, obwohl ihm die StA Köln diese zur Weiterleitung zur Verfügung gestellt hatte.
Personelle Stärkung der aktuellen Abteilung angekündigt
Im Rechtsausschuss am Donnerstag äußerte sich Limbach nun zu beiden Vorgängen.
Im Falle der geplanten Neuorganisation ist die Entscheidung endgültig gefallen. Die bislang lediglich angehaltene Organisationsentscheidung vom 22.09.2023 werde nicht weiterverfolgt, erklärte der Minister. Man habe sich auf ein Bündel von Maßnahmen verständigt, um die Verfolgung von Cum-Ex-Straftaten "langfristig effektiv und schlagkräftig aufzustellen". Dies sei in Abstimmung mit dem Generalstaatsanwalt in Köln, dem leitenden Oberstaatsanwalt in Köln und der betroffenen Abteilungsleiterin Oberstaatsanwältin Brorhilker geschehen.
In den bestehenden vier Unterabteilungen der Hauptabteilung H ist künftig eine Gruppenleitung vorgesehen, die die koordinierenden Aufgaben innerhalb der Hauptabteilung wahrnehmen soll. Einer oder eine dieser neuen Gruppenleiter:innen fungiere künftig dann als Notfallvertretung von Brorhilker. Spätestens 2024 sollen in der Hauptabteilung H außerdem vier zusätzliche Planstellen besetzt werden. Um die Zusammenarbeit bei den Ermittlungen zu verstetigen und zu verbessern, werde ein ressortübergreifendes Gesprächsformat zwischen den Ministerien des Innern, der Finanzen und der Justiz eingeführt, teilte Limbach mit. Es sei ihm ein persönliches Anliegen, "dass die Drahtzieher krimineller Cum-Ex-Geschäfte bestraft würden und die hinterzogenen Beträge endlich denjenigen zugutekämen, für die sie bestimmt waren. Es ist das Geld, das uns bei Schulen und Kitas fehlt."
Kritiker Schick zufrieden
Finanzwende-Chef Schick zollte Limbach in einer Presserklärung Respekt: "Persönlich finde ich es bemerkenswert, dass NRW-Justizminister Limbach die Argumente gehört hat, seinen Fehler eingesehen und korrigiert hat. Das gibt es in hohen politischen Ämtern leider zu selten."
In der Sache begrüßte Schick die im NRW-Justizministerium getroffenen Entscheidungen: "Anne Brorhilker und ihr Team können jetzt in Ruhe weiter an der Aufklärung von Cum-Ex arbeiten – das ist auch bitter nötig, denn es sind längst noch nicht alle offenen Fragen geklärt und noch nicht alle Verantwortlichen vor Gericht gestellt."
Hamburger Ausschuss-Vorsitzender dankt Limbach
Erklären musste sich Limbach am Donnerstag noch zu einem weiteren Sachverhalt. Teile der Opposition hatten ihm vorgeworfen, er habe wichtige Unterlagen, die ihm von der StA Köln zur Verfügung gestellt worden waren, nicht im gebotenen Tempo an den Hamburger-Cum-Ex-Untersuchungsausschuss weitergegeben. Dieser soll v.a. die Verstrickungen des Hamburger Senates in den Steuerskandal aufklären.
Limbach wies die Kritik am Donnerstag von sich: Das "Aktenvorlageersuchen" des Ausschusses sei erfüllt worden. Hierfür habe ihm auch der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses, Dr. Mathias Petersen (SPD), ausdrücklich gedankt. Ihn zitierte Limbach im Ausschuss mit den folgenden Worten: "Es ist somit festzuhalten, dass aktuell unseren bisherigen Bitten soweit möglich im Rahmen der Amtshilfe entsprochen wurde. Ich möchte die Gelegenheit nutzen, Ihnen, sehr geehrter Herr Minister, dafür persönlich und im Namen des Ausschusses ausdrücklich zu danken."
Zu Irritationen war es wohl gekommen, nachdem zwischenzeitlich Fachabteilungen im NRW-Justizministerium von der StA Köln zur Verfügung gestellte Unterlagen "als nicht weiterleitungsfähig" eingestuft hätten. Das sei eine Einschätzung von sieben Fachleuten gewesen, "die die rechtlichen Anforderungen und die Staatspraxis bei der Belieferung von Ausschüssen ausgesprochen gut kennen und beherrschen", erklärte Limbach heute.
Zoff um OVG-Präsidentenamt
Zuvor hatte insbesondere der FDP-Vorsitzende des Rechtsausschusses im NRW-Landtag, Werner Pfeil, Limbach heftig kritisiert. Der Minister habe eine monatelange Verzögerung zu verantworten, sagte der FDP-Politiker gegenüber der dpa. "Es ist die Pflicht des Ministers, so schnell wie möglich zu handeln – und das hat er nicht getan, also hat er seine Amtspflicht verletzt." Im Hamburger Ausschuss sieht man das offenkundig anders.
Bei Limbach ist allerdings noch eine weitere Baustelle offen: Im Zusammenhang mit dem Besetzungsverfahren für den Präsident:innnen-Posten beim Oberverwaltungsgericht NRW hatte ihm das Verwaltungsgericht (VG) Münster zuletzt eine unzulässige Einmischung ("manipulative Verfahrensgestaltung") vorgeworfen. Im LTO-Interview hatte der Justizminister auch diesen Vorwurf zurückgewiesen: "Ich habe den Besetzungsvorschlag nicht angehalten, um irgendeine Bewerbung zu ermöglichen." Gegen den Beschluss des VG Münster hatte das NRW-Justizministerium Beschwerde eingelegt.
Strafverfolgung im Steuerskandal: . In: Legal Tribune Online, 12.10.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/52906 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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