Auch beim Bauen gilt: Gemeinsam ist man meist stärker. Der BGH hat nun die Voraussetzungen der Eintragung von GbR-Baugemeinschaften ins Grundbuch geklärt. Die Bundesrichter fördern damit nicht nur mittelbar Mehrgenerationenhäuser und Ökoprojekte, sondern beenden auch einen erbitterten Juristenstreit.
Besonders in urbanen Großstädten ist er in den letzten Jahren in Mode gekommen, der gemeinsame Erwerb eines Grundstücks durch mehrere Personen oder Familien und die anschließende Bebauung durch die Gemeinschaft privater Bauherren. Statt fertige Wohnungen oder Einfamilienhäuser von der Stange zu erwerben, plant und baut eine größere Gruppe.
Flexibel, praktisch, gut, könnte man meinen – wenn da nicht das Grundbuch wäre: Die Oberlandesgerichte verweigerten die Eintragung der Baugemeinschaft, die damit kein Eigentum erwerben und möglicherweise auch keine Kredite ausgezahlt erhalten konnte. Viele Projekte standen auf der Kippe.
Nun hat der Bundesgerichtshof (BGH) in einer bisher unveröffentlichten Entscheidung ein Machtwort gesprochen: Bei einer Grundstücks- oder Wohnungseigentum erwerbenden Gesellschaft bürgerlichen Rechts genügt es für die Eintragung des Eigentumswechsels im Grundbuch, wenn sie und ihre Gesellschafter in der Notarurkunde genannt sind und die für die Gesellschaft Handelnden erklären, dass sie deren alleinige Gesellschafter sind (Beschl. v. 28.04.2011, Az. V ZB 194/10).
Flexibel, günstig und die Nachbarn kennt man vorher
Eine Baugemeinschaft ist eine Gruppe von Menschen, die sich gemeinsam ihr Haus bauen oder umbauen möchten. Die Vorteile des Zusammenschlusses liegen auf der Hand: Die Mitglieder der Gemeinschaft können Objekte günstiger erwerben, da sie keinen Investor, Makler oder Bauträger brauchen. Sie können individuell nach ihren Wünschen bauen, also Gemeinschaftsräume ebenso planen wie Mehrgenerationenhäuser. Aber auch die Art und Weise des Baus ist flexibel gestaltbar, so dass beispielsweise alle sich darauf einigen können, ökologisch zu bauen. Alle gemeinschaftlichen Investitionskosten werden aufgeteilt.
In Großstädten wie Berlin wäre es für einen einzelnen Bauherren kaum möglich, teure Innenstadtgrundstücke zu erwerben. Auch eignen sich diese in der Regel für Einfamilienhäuser nicht. Gemeinsam können die finanziellen Herausforderungen eines solchen Mehrfamilienhausgroßprojektes gestemmt werden Ein nicht zu unterschätzender Vorteil ist auch, dass zukünftige Nachbarn sich schon im Vorfeld kennenlernen – nicht das Schlechteste, wenn man die Häufigkeit von Nachbarschaftsstreitigkeiten betrachtet.
Allerdings hat eine Baugemeinschaft nicht nur Vorteile. Geteiltes Leid ist nicht immer halbes Leid. So können sich die Risiken und Strapazen, die ein eigenes Bauvorhaben bei der praktischen Umsetzung immer mit sich bringen kann, in der Gruppe noch potenzieren. Die Abstimmung über Details des Bauvorhabens kann auf diese Weise wochen- und monatelang ganze Abende und Nächte füllen. Zu diesen eher praktischen Herausforderungen hat sich aber in den letzten Jahren noch ein gravierendes grundbuchrechtliches Problem gesellt.
Das böse Erwachen kam häufig in Form einer Verfügung des zuständigen Grundbuchamtes, das die Eintragung der GbR ins Grundbuch verweigerte. Hatte die Gruppe Bauwilliger sich über essentielle Rahmenbedingungen wie Stadtbezirk und Baupreis grundsätzlich geeinigt und eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts gegründet, erwarb diese ausgesuchte Grundstück. Zu diesem Zeitpunkt ist die Gemeinschaft häufig noch nicht "komplett". Es wird eine Eigentumsvormerkung im Grundbuch eingetragen und im laufenden Vollzug des Kaufvertrages können noch weitere Bauherren in die Baugemeinschaft eintreten.
Keine Eintragung, kein Eigentum, kein Kredit
Das funktioniert natürlich alles nicht, wenn das Grundbuchamt die Eintragung verweigert. Das geschah bisher mit folgender Begründung: Es müsse in Form einer öffentlichen Urkunde der Nachweis geführt werden, dass die im Vorfeld des Erwerbs gegründete Gesellschaft im Zeitpunkt des Kaufvertragsschusses weiterhin aus den gleichen Gesellschafter besteht. Diese Vorgehensweise wurde von vielen Oberlandesgerichten, beispielsweise dem OLG München (Beschl. v. 05.02.2010, Az. 34 Wx 116/09), dem OLG Köln (Beschl. v. 13.12.2010, Az. 2 Wx 137/10) und dem Kammergericht (Beschl. v. 5. Oktober 2010, Az. 1 W 392/10) anerkannt.
Für unproblematisch hielten die OLG nur die Fälle, in denen die GbR in einer einheitlichen Urkunde mit dem Grundstückskaufvertrag gegründet worden war.
Die notarielle Praxis fand allerdings keinen von den Oberlandesgerichten anerkannten Weg, den von den Grundbuchämtern geforderten Identitätsnachweis zu führen. Selbst eine notarielle eidesstattliche Versicherung aller Gesellschafter, es seien keine neuen Gesellschafter hinzugekommen, genügte den Richtern nicht (OLG Celle, Beschl. v. 08. April 2011, Az. 11 Wx 127/10).
Im OLG-Bezirk Köln gab es nach dem oben zitierten Beschluss fast schon einen "Stillstand der Rechtspflege", nachdem das OLG Köln die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) zur Eintragungsfähigkeit der GbR aus dem Jahr 2008 für "nicht mit dem Gesetz in Einklang" stehend erklärt und die Eintragung abgelehnt hatte.
Viele Baugemeinschaften standen daher bis zur aktuellen Entscheidung des Bundesgerichtshofes vor dem Dilemma, dass ihr Grundstückskaufvertrag nicht im Grundbuch vollzogen werden konnte. Die Eintragung der Gemeinschaft im Grundbuch war unmöglich. Zwar gab es einige Lösungsansätze über Umwege wie beispielsweise die vollständige Vertragsaufhebung und dessen Neuabschluss. Viele von ihnen waren aber mit steuerlichen Nachteilen, Zeitverzögerung und anderen Risiken verbunden oder aus praktischen Gründen im Einzelfall nicht gangbar.
Folge der Ablehnung der Eintragung war, dass die für die Finanzierung regelmäßig unabdingbaren Grundschulden nicht von der Baugemeinschaft eingetragen werden konnten. Im Ergebnis wurden daher die Darlehensbeträge und damit auch der Kaufpreis nicht ausgezahlt. Viele Projekte standen damit auf der Kippe.
BGH beendet das Hin und Her: Notarielle Erklärung, wer (allein) Gesellschafter ist
Nun aber hat der BGH entschieden, dass es bei einer Grundstücks- oder Wohnungseigentum erwerbenden Gesellschaft bürgerlichen Rechts für die Eintragung des Eigentumswechsels im Grundbuch genügt, wenn sie und ihre Gesellschafter in der Notarurkunde genannt sind und die für die Gesellschaft Handelnden erklären, dass sie deren alleinige Gesellschafter sind (Beschl. v. 28.04.2011, Az. V ZB 194/10, noch nicht veröffentlicht).
Der Forderung nach einem weiteren Nachweis von Identität und Vertretungsverhältnissen gegenüber dem Grundbuchamt hat der V. Zivilsenat eine deutliche Absage erteilt.
Für viele Baugemeinschaften wird nun endlich eine Eigentumsumschreibung im Grundbuch möglich. Wie wichtig die Entscheidung für die Praxis ist, zeigt der Umstand, dass der Volltext des Beschlusses schon vor der Veröffentlichung durch den BGH durch Internetforen kreiste.
Der BGH begründet seine Entscheidung unter anderem damit, dass nach § 47 Abs. 2 Grundbuchordnung (GBO) die Grundbucherklärung von der Gesellschaft und nicht von ihren Gesellschaftern abgegeben werde. Diese würden lediglich zusätzlich eingetragen. Daher müsse das Grundbuchamt einen gestellten Antrag grundsätzlich ohne Vorlage weiterer Identitätsnachweise vollziehen.
Der V. Zivilsenat folgt einer in der juristischen Literatur vertretenen Auffassung, nach der die rechtlichen Verhältnisse innerhalb der Gesellschaft nicht in der Form des § 29 GBO nachgewiesen werden müssen. Gegenüber dem Grundbuchamt seien zwar Angaben zu Existenz, Identität und Vertretung der Gesellschaft vorzunehmen. Das Grundbuchamt sei aber nicht befugt, diese auf ihre inhaltliche Richtigkeit zu überprüfen, wenn nicht hinreichende Anhaltspunkte für Fehler vorlägen.
Inhaltlich begründet der BGH seine Rechtsauffassung damit, dass der Gesetzgeber mit den gesetzlichen Neuregelungen der letzten Jahre gerade eine Nachweiserleichterung für die Eintragungen der Rechte von GbRs bezweckt habe.
Wie auch immer die Begründung des BGH von den Juristen, vor allem natürlich den OLG aufgenommen werden wird: Für die bauwilligen, bisher an deutscher Formaljuristerei gescheiterten Baugruppen jedenfalls ist sie ein Segen.
Der Autor Dominik Schüller ist Rechtsanwalt mit Schwerpunkt Wohn- und Gewerbemietrecht sowie Immobilienrecht bei SAWAL Rechtsanwälte & Notar in Berlin.
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Dominik Schüller, BGH zur GbR-Baugemeinschaft: . In: Legal Tribune Online, 24.05.2011 , https://www.lto.de/persistent/a_id/3343 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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