Sie sind mehr als nur Fans des Fußballs, geben sich Namen und verabreden sich zu Schlägereien - und können deshalb nach einem Urteil des BGH von Donnerstag als kriminelle Vereinigungen gelten. Dass die Prügeleien nur intern und unter Einwilligung aller Teilnehmer stattfinden, ändere daran nichts, so die Karlsruher Richter. Das Urteil könnte landesweit hunderte von Gruppierungen betreffen.
Die Gründung, eine Tätigkeit als Rädelsführer, aber auch schon die Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung stellt § 129 Strafgesetzbuch (StGB) unter Strafe. Das abstrakte Gefährdungsdelikt soll die öffentliche Sicherheit schützen. Es trägt der Gefährlichkeit Rechnung, die aus der Menge resultiert: Gesetz und Rechtsprechung gehen von einer für kriminelle Vereinigungen typischen, nicht mehr voll steuerbaren Eigendynamik aus.
Das Delikt stellt eine erhöhte abstrakte Gefahr unter Strafe - ohne, dass konkrete Straftaten bereits begangen worden sein müssten. Eine solche Gefahr sieht der für Staatsschutzstrafsachen zuständige 3. Strafsenat offenbar auch in der ehemaligen Dresdner Gruppierung "Hooligans Elbflorenz". Sie können als kriminelle Vereinigung gelten, entschied der Bundesgerichtshof (Urt. v. 22.01.2015, Az. 3 StR 233714).
Mitglieder solcher Vereinigungen können mit bis zu fünf Jahren Haft bestraft, ihre Telefone können abgehört werden. Und natürlich kann eine solche kriminelle Vereinigung auch verboten werden.
Vorwand Fußball: Verabredungen zu Schlägereien
Die in Dresden ansässige Gruppe "Hooligans Elbflorenz" löste sich im Jahr 2009 wegen der Strafverfolgung auf. Zuvor focht sie, wie unter den gewaltbereiten Fußballfans üblich, vor allem im Umfeld von Spielen des Vereins Dynamo Dresden Kämpfe gegen andere Hooligan-Gruppen aus, zu denen man sich jeweils verabredete. Es gibt keine Schiedsrichter, aber es gibt Regeln für diese Kämpfe, an denen im Normalfall nur Mitglieder der Gruppen teilnehmen. Sie sind ungeschrieben, werden aber beachtet.
Während das Landgericht (LG) Dresden in erster Instanz trotz mehrerer nachgewiesener Schlägereien dieser Art nur von einem strafbaren Fall von gefährlicher Körperverletzung ausgegangen war, sieht der 3. Strafsenat all diese Tätlichkeiten im Rahmen der verabredeten Prügeleien als strafbare gefährliche Körperverletzungen an.
Relevant ist das unabhängig vom konkreten Fall deshalb, weil die Strafbarkeit wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung nach § 129 StGB voraussetzt, dass "deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind, Straftaten zu begehen". Die Gruppe muss also Straftaten begehen oder mindestens begehen wollen, damit der Staat ihre Mitglieder - auch ohne konkrete Straftaten - bestrafen kann.
Zwar erfüllen Prügeleien unproblematisch den Tatbestand der Körperverletzung. Aber in eine solche kann man, wie auch beim Ohrlöcher-Stechen oder beim Tätowierer, einwilligen, § 228 StGB. Dann entfällt die Rechtswidrigkeit und damit die Strafbarkeit der Tat.
Pia Lorenz, BGH verurteilt Dresdner "Hooligans Elbflorenz": . In: Legal Tribune Online, 22.01.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/14450 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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