Löschung aus Vereinsregister?: Wie mächtig der FC Bayern sein darf

von Dr. Dirk-Ulrich Otto

12.09.2016

2/2: Was will Lars Leuschner?

Lars Leuschner beweist zunächst eines: Deutsche Rechtsprofessoren sind keine weltfremden Theoretiker, sondern aktuellen Themen zugewandt und dabei auch in praktischer Taktik geschult. An seinem Osnabrücker Lehrstuhl etabliert der ehemalige Freshfields-Anwalt und Zivilrichter gerade in Form eines Vereinsrechtstags den Austausch von Theorie und Praxis des Vereinsrechts. Sein Anliegen in Sachen FCB ist doppelbödig.

Von Zeit online lässt er sich mit der Auffassung zitieren, dass er die Strukturen der Bayern eigentlich ganz ok findet. Wäre da nicht die andere Position zur Beherrschung oder Nichtbeherrschung von wirtschaftlichen Vereinsablegern, die sich im Zuge der ADAC-Umstrukturierung durchgesetzt hat. Leuschner empfindet das AG München als eine treibende Kraft der Forderung nach "Entherrschung". Er will es nun zwingen, auch in Sachen Fußballverein Farbe zu bekennen – oder idealerweise seine Meinung zu revidieren.

Auch wenn der Zivilrechtler zunächst einige Unruhe in den Vereinsvorständen hervorruft und dadurch als Störenfried erscheinen mag: Sein provokanter Antrag zeigt, welche Konsequenzen die neuere Meinung für viele funktionierende Vereinsstrukturen haben müsste und sorgt damit für hoffentlich baldige Rechtssicherheit.

Leuschner selbst hält den beherrschenden Einfluss des Vereins auf die wirtschaftliche Ausgründung für unbedenklich. Er steht damit auf dem Boden einer älteren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum ADAC. Meiner Meinung nach hat er Recht. Die "Entherrschung" des ADAC e.V. über seine Töchter war so nicht geboten. Und auch der FC Bayern München wird fortbestehen und  die "50+1-Regel" wird halten.

Kein Gesetz verbietet, dass ein Verein Vermögen hat

Kein Gesetz verbietet, dass ein Verein Vermögen hat. § 21 Bürgerliches Gesetzbuch schreibt zwar pauschal vor, dass der Zweck eines Vereins nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist. In der aktuellen Zinslandschaft wäre es aber nahezu unverantwortlich, Beteiligungen großer Vereine an Gesellschaftsvermögen und insofern unternehmerische Aktivitäten auszuschließen. Die damit verbundene wirtschaftliche Tätigkeit muss dem satzungsmäßigen und wirklich gelebten Vereinszweck aber untergeordnet bleiben. Dieses sog. Nebenzweckprivileg geht auf das sog. ADAC-Urteil des Bundesgerichtshofs zurück (BGH, Urt. v. 29.09.1982, Az. I ZR 88/80).

Das ist zum Beispiel der Fall, wenn sie allein den Hauptzweck finanzieren soll. Vereinszweck des FC Bayern München e.V. ist nach der Satzung die "Durchführung sportlicher Übungen, Schulungen und Leistungen und die Errichtung von Sportanlagen; daneben ist die körperliche und charakterliche Bildung der jugendlichen Mitglieder ein besonderes Anliegen."

Dafür und insbesondere zur Finanzierung der in der Satzung ausdrücklich neben dem Fußballsport vorgesehenen weiteren Sparten wie Basketball, Handball, Schachsport, Sportkegeln und Tischtennis müssen die in der Profiabteilung erzielten Gewinne eingesetzt werden.

Die Jahresgehälter von Neuer und Müller als Investition in die Jugendmannschaft?

Der Verein muss also darauf achten, dass seine Beteiligung an der Gesellschaft regelmäßige Erträge abwirft. Er darf richtigerweise also gar nicht darauf verzichten, ihre Geschicke mitzulenken, sondern muss vielmehr sogar Einfluss auf die Geschäftspolitik der Gesellschaft zu nehmen.

Ohne Aussicht auf langfristige laufende Einnahmen zugunsten seines Hauptzwecks wäre das Engagement des Vereins in einer als Wirtschaftsunternehmen organisierten Profiabteilung zweckwidrig. Werden Gewinne in Transferzahlungen und Profigehälter wie die von Manuel Neuer oder Thomas Müller investiert, darf das langfristig nicht die Dividende schmälern, die dem Verein für die Amateure, Tischtennisspieler etc. zur Verfügung steht. Die Profiabteilung muss sich knallhart rechnen, gerade auch aus Sicht des Vereins. Aber das ist in der Fußballbundesliga ja nichts Neues.

Es gibt keinen Grund zur Schadenfreude: Was, wenn sich herausstellte, dass die wirtschaftlichen Ausgründungen die "50+1-Regel" ohne massive Einschnitte in die bisherigen Strukturen nicht erfüllen können? Besteht die erste Bundesliga dann demnächst nur noch aus Darmstadt 98, SC Freiburg, Mainz 05 und Schalke? Laut Wikipedia sind diese drei die einzigen Erstligavereine, die bisher auf eine Ausgründung ihrer Profimannschaft verzichten.

Weit gefehlt, das Gegenteil wäre der Fall: Bei diesen Clubs lässt sich der wirtschaftliche Charakter der Vereinstätigkeit überhaupt nicht leugnen. Leuschner hat wohl auch insofern Recht, als er für diese Fälle von "toleriertem Rechtsbruch" spricht.

Der Verfasser Dr. Dirk-Ulrich Otto ist Notarassessor in Leipzig und Autor eines der Standardwerke im Vereinsrecht.

Zitiervorschlag

Dirk-Ulrich Otto, Löschung aus Vereinsregister?: . In: Legal Tribune Online, 12.09.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/20553 (abgerufen am: 23.11.2024 )

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