Anwälte der Pornoindustrie mahnen Forum ab: Die abmahnende Kanzlei, die keine Abmahnkanzlei sein will

von Christian Solmecke, LL.M.

10.04.2013

2/2: Sogenannte Abmahnkanzleien und Anwälte, die lieber namenlos bleiben wollen

Aber selbst wahre Tatsachen dürfe man nicht unbedingt veröffentlichen, wenn sie das Geschäft eines Wettbewerbers schädigen, ohne dass ein besonderes öffentliches Interesse an der Veröffentlichung besteht, so die Abmahnenden.

Ihrer Ansicht nach setzt die "einseitige Darstellung als ‚sogenannte Abmahnkanzlei" sie in ein negatives Licht, da diese aufgrund einer häufig auch sehr negativen Berichterstattung der vergangenen Jahre "für eine minderwertige anwaltliche Tätigkeit im Massengeschäft und ein zum Teil sehr aggressives Vorgehen" stehe.

Der Begriff der "Abmahnkanzlei" wird auf der von den Anwälten benannten Unterseite des Forums so weit ersichtlich nicht genannt. Diese behaupten das auch weder noch verlangen sie vom Forenbetreiber Heintsch, es in Zukunft zu unterlassen, sie als solche zu bezeichnen. Dennoch fühlen sie sich auch ohne konkrete Bezeichnung als Abmahnkanzlei offenbar als solche dargestellt.

Abmahnende Kanzleien und ihr Wertschätzungsproblem

Selbst wenn man unterstellte, der Begriff wäre unmittelbar verwendet worden, erscheint es weit hergeholt, ihm eine rufschädigende Wirkung anzulasten. Selbst mit dieser Bezeichnung wäre keine Reduzierung auf eine ausschließlich abmahnende Tätigkeit verbunden und sie ließe nicht etwa den Schluss zu oder legte ihn gar nahe, dass die Kanzlei keine anderen Mandate, Mandanten oder Rechtsgebiete betreut.

Das Landgericht Berlin hat diesbezüglich im Rahmen eines ähnlichen Rechtsstreits mit Urteil vom 03.08.2010 (Az. 15 O 292/19) zutreffend festgestellt: "(…) Wenn die Antragsteller meinen, eine Kanzlei, die sich auch mit Urheberrechtsabmahnungen befasse, genieße in den Augen potentieller Mandanten weniger Wertschätzung als eine Kanzlei, die solche Mandate ablehne, hat sie durch die Übernahme der Mandate selbst die Ursache einer geringeren Wertschätzung gesetzt."

Aus demselben Grund greift das Forum auch nicht in das Recht der Kanzlei am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb ein. Weder will sein Betreiber gezielt den Kanzleibetrieb der abmahnenden Kanzlei behindern, noch wendet die Seite sich an deren potenzielle Mandanten, sondern richtet sich vielmehr an die Abgemahnten, nämlich die Gegner der Kanzlei. Die Ausschöpfung aller juristisch möglichen Verteidigungsmittel und der entsprechende Hinweis darauf im Rahmen eines Forum, stellen mitnichten eine "Behinderung" im Sinne der §§ 823 Abs. 1, 1004 Bürgerliches Gesetzbuch dar.

Die Anwälte, die nicht namentlich genannt werden wollen

Mitbewerber hätten auch nicht das Recht, mit der Nennung des Namens der Hamburger Kanzlei für ihre eigene Anwaltstätigkeit zu werben, heißt es in der Abmahnung weiter. Die in dem Forum "geschaltete Werbung" sei in starkem Maße geschäftsschädigend, zur Information der Öffentlichkeit würde es ausreichen, die Rechteinhaber zu benennen, die Mandanten also, deren Rechte die Kanzlei mit den Abmahnungen wahrnimmt, meinen die Anwälte.  

Bei einer Abwägung aller betroffenen Interessen muss eine Rolle spielen, dass sich abgemahnte Personen mit kurzen Reaktionsfristen und teilweise hohen Forderungen von Rechteinhabern und ihren Anwälten konfrontiert sehen. Angesichts ihres Informationsbedürfnisses dürfte auch eine Interessenabwägung an der Nennung des Kanzleinamens jedenfalls zu deren Gunsten ausfallen.

Außerdem veröffentlicht selbstverständlich nicht nur Steffen Heintsch in seinem Forum Informationen über Kanzleien, die zahlreiche Abmahnungen wegen Urheberrechtsverletzungen versenden. Diese Informationen kursieren längst im Internet. Von einer erstmaligen Offenbarung von Umständen, die der interessierten Öffentlichkeit bisher nicht zugänglich waren, kann daher keine Rede sein.

Wer abmahnen will, muss Wettbewerber sein

Es passt ins Bild, dass der in der Abmahnung enthaltene Vorwurf einer starken Geschäftsschädigung sich auf die in dem Forum "geschaltete Werbung" bezieht. Dabei ist diesem auf den ersten Blick keinerlei "Werbung" zu entnehmen. Man darf auch bezweifeln, dass die Veröffentlichungen als Werbung qualifiziert werden könnten, da das Forum gerade nicht einer irgendwie gearteten Art der Absatzförderung von Waren oder Dienstleistungen dient.

Und auch das Wettbewerbsverhältnis zwischen den Parteien, welches Voraussetzung dafür wäre, dass die Kanzlei den Forenbetreiber überhaupt zur Unterlassung auffordern und abmahnen kann (§ 8 Abs. 3 Nr. 1), wirkt konstruiert. Die Hamburger Anwälte werfen dem Forenbetreiber vor, gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) zu verstoßen. Handelt es sich bei nicht um einen Rechtsdienstleister, steht sein Betreiber im Sinne des UWG auch nicht im Wettbewerb zu der abmahnenden Kanzlei und ein Unterlassungsanspruch ist schon deshalb ausgeschlossen.

Es mag sein, dass diese Frage geklärt werden wird. Dazu muss aber nicht nur Forumsbetreiber Heintsch die Sache durchziehen wollen. Abzuwarten bleibt letztendlich wohl eher, ob die abmahnende Kanzlei trotz der erheblichen Bedenken im Hinblick auf den geltend gemachten Unterlassungsanspruch in dieser Angelegenheit tatsächlich den gerichtlichen Weg beschreiten wird.

Der Autor Christian Solmecke, LL.M. ist Partner der Kölner Kanzlei Wilde Beuger Solmecke, deren Beratungsschwerpunkt im Bereich der Online-Branche liegt. Er ist Geschäftsführer des Deutschen Instituts für Kommunikation und Recht im Internet (DIKRI) an der Cologne Business School und Lehrbeauftragter der Fachhochschule Köln zu Rechtsfragen in Sozialen Netzwerken.

Zitiervorschlag

Christian Solmecke, Anwälte der Pornoindustrie mahnen Forum ab: . In: Legal Tribune Online, 10.04.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/8494 (abgerufen am: 21.11.2024 )

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