Lachsangeln: Kampf mit einem ebenbürtigen Gegner

Holger Wulf

23.04.2010

Der Erfinder des Wortes Spleen hat vielleicht kurz vor seiner Wortschöpfung einen Lachsangler getroffen und gesehen, wie dieser bis zum Bauch in einem schäumenden Fluss stand und hochkonzentriert Fische zum Anbiss bringen wollte. Wer nur zusieht, kann die Faszination kaum nachvollziehen. Doch wer es selbst ausprobiert, findet unter Umständen mehr als ein Hobby.

Lachse – und das gehört zweifelsfrei zu den Besonderheiten dieser Art - nehmen auf ihrer Laichwanderung die Flüsse hinauf keine Nahrung zu sich. Kein Wunder also, dass darauf spezialisierte Angler meistens ohne Fang im Keschernetz wieder ans Ufer kommen. Gleichwohl drückt ihre Mimik eine eigentümliche Befriedigung aus.

Geschieht dann doch das Unwahrscheinliche, und ein Lachs lässt sich von einem Köder reizen, der Haken fasst im Fischmaul und Rute wie Schnur überstehen den anschließenden, meist von wilden Sprüngen begleiteten Kampf, folgt die wundersame Verwandlung des Anglers: Grau melierte Männer, die alles schon einmal gesehen haben, vergießen Freudentränen. Mit beiden Beinen im Leben stehende Frauen, die bei Vertragsabschlüssen über einige Millionen Euro die Ruhe selbst sind, hüpfen schreiend das Ufer lang.

Nicht selten wird die Beute, voller Respekt, ja Ehrfurcht, wieder in ihr Element entlassen: Du bist ein großer Gegner, ich will dich nicht töten.

Spätestens bei diesem Schritt suchte ein britischer Beobachter nach einem Wort für diese Form des liebenswerten Wahnsinns – der Spleen war geboren!

Eine Leidenschaft mit einigen Haken

Tatsächlich ist das Angeln auf Lachse kein Hobby. Es ist eine Passion. Eine Leidenschaft mit einigen Haken. Nur einer ist für den Fisch gedacht und der ist mit bunten Federn umwickelt: "Fliege" nennt sich der Köder, der den appetitlosen Fisch ärgern soll, solange, bis er nach ihm beißt.

Trotz eines stetig wachsenden Lachsbestandes in Deutschland, liegen die klassischen Reviere auf den britischen Inseln, in Skandinavien, Kanada und Alaska. In Übersee fischt man nicht nur auf Salmo salar, den Atlantischen Lachs, sondern auch auf die verschiedenen Pazifik-Lachsarten, von denen der begehrteste, der Königslachs, weit mehr als 30 Kilo auf die Waage bringen kann.

Ist das Zielland ausgewählt, stellt sich die Frage, welcher Fluss es sein soll. An den namhaften Gewässern, wie der Mörrum in Schweden, der Gaula oder der Orkla in Norwegen oder dem River Spey in Schottland, wird nur eine begrenzte Anzahl an Angelscheinen verkauft. Und besonders in Schottland muss man dafür tief ins Portmonee greifen.

Auf alle Fälle sollte man die richtige Watbekleidung mitbringen, denn bevor der Fisch an Land kommt, steigt der Angler ins Wasser. Das ist ziemlich kalt. Neopren statt Gummi ist also angesagt. Wer es edel und bequem mag, bevorzugt atmungsaktive Stoffe und darunter zwei Schichten Thermowäsche.

Kein Luxus, aber exklusiv

Egal für welches Gewässer man sich entschieden hat, man legt sich mit einem sehr kräftigen und kampfbereiten Fisch an. Nur erstklassiges Fanggerät kommt dafür in Frage. Profis legen dafür mehrere tausend Euro auf den Tisch, Anfänger leihen sich das Gerät bei einem Guide, der einem das Gewässer zeigt und gegebenenfalls auch das Angeln beibringt.

Gute Guides lehren einen darüber hinaus, dass Lachsangeln nicht zwangsläufig Luxus im finanziellen Sinne bedeutet, aber dennoch exklusiv ist. Genießen kann das Angeln nur, wer Outdoor-Aktivität und Philosophie miteinander verbindet: Mit dem ersten Schritt in den Fluss sind alle Gedanken an Hightech verflogen. Jetzt zählen nur noch die wilde Natur, der misstrauische Fisch und der Angler selbst.

Und hier liegt das eigentliche Geheimnis des spleenigen Lachsangelns: Es ist einer der wunderbarsten Wege, zu sich selbst zu finden.

Holger Wulf ist Angeljournalist. Er arbeitet als freier Autor unter anderem für Europas größte Angelzeitschrift „Blinker“.

Zitiervorschlag

Lachsangeln: . In: Legal Tribune Online, 23.04.2010 , https://www.lto.de/persistent/a_id/375 (abgerufen am: 23.11.2024 )

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