Jurahausarbeit an der Uni Freiburg abgebrochen
In Baden-Württemberg kehrt unter den Jurastudierenden keine Ruhe ein. Nachdem es vergangenes Jahr mehrere Pannen bei den Examensklausuren gab, hat es nun die Teilnehmenden der Anfängerübung Zivilrecht II im Wintersemester 2022/2023 getroffen. Weil weite Teile der Lösung der für das Modul zu schreibenden Hausarbeit bereits im Internet kursierten und das offenbar erst nach Beginn der Bearbeitungszeit auffiel, ist die Bearbeitung abgebrochen worden, wie das Dekanat der juristischen Fakultät den Studierenden am 18. August bekanntgab – und damit 17 Tage nach Beginn des Bearbeitungszeitraums.
Gleichzeitig gab das Dekanat bekannt, dass es einen neuen Sachverhalt am 23. August veröffentlichen werde, die Bearbeitungsfrist laufe dann bis zum 9. November. Damit ist der Bearbeitungszeitraum von der Länge her vergleichbar zu demjenigen der ursprünglichen Hausarbeit, wie die Pressestelle der Uni gegenüber LTO erklärt."Die Entscheidung für das Zurückziehen des Sachverhalts ist uns nicht leichtgefallen, doch ist dies aus unserer Sicht der einzige Weg, um eine gerechte Bewertung der Hausarbeiten sicherstellen zu können", so Dekanin Prof. Dr. Katharina von Koppenfeld-Spies und Studiendekan Prof. Dr. Jan Felix Hoffmann in einer Mitteilung.
Doch wie kam es überhaupt dazu, dass die Uni diesen drastischen Schritt gehen musste? Schließlich sind die Hausarbeiten im Jurastudium sehr zeitintensiv - und nach drei Wochen von vorne zu beginnen, kostet Nerven. Auf diese Nachfrage heißt es: "Weite Teile der zurückgenommenen Hausarbeit lehnen sich eng an eine frühere Examensklausur einer anderen Fakultät an", so ein Universitätssprecher zu LTO. Diese Examensklausur sei samt Lösungsskizze im Internet zu finden. "Der Sachverhalt und die rechtlichen Probleme der gestellten Hausarbeit wurden nicht ausreichend abgewandelt, sodass letztlich nur der Weg blieb, die Hausarbeit unverzüglich zurückzuziehen". Andernfalls hätte es große Gerechtigkeitsprobleme bei der Bewertung der Hausarbeiten gegeben.
Fachschaft: "Unwissenschaftlich und unprofessionell"
Die Jurafachschaft der Uni Freiburg äußerte sich bereits und veröffentlichte ein Statement zu dem Vorfall. Darin weist sie auf das große Ärgernis, die Unsicherheit und Sorge auf Seiten der Studierenden hin, die die Hausarbeit in vielen Fällen schon zu sehr großen Teilen bearbeitet hätten. "Wir halten es für unwissenschaftlich und unprofessionell, einen Hausarbeitssachverhalt fast eins zu eins aus einer Examensprüfung zu übernehmen, ohne vorher nachgeprüft zu haben, dass keine Lösungsskizzen im Internet zu finden sind." Besonders den Zeitfaktor sieht die Fachschaft kritisch. Viel Arbeitszeit sei vergeblich investiert worden – und mit der Entscheidung zum Abbruch der Hausarbeit sei keine Rücksicht auf die Zeit und Kräfte der Studierenden genommen worden. Diesbezüglich weist die Fachschaft auch auf finanzielle Belastungen für Studierende hin, die die "neue" Hausarbeit nun wegen Zeitmangels schieben und ggf. länger studieren müssten.
Als Ausgleich fordert die Fachschaft daher, dass der neue, am Dienstag erscheinende Sachverhalt sich mit Thema und Problematik an dem "alten" Sachverhalt orientiert. Zudem sei es angemessen, den Sachverhalt vom zeitlichen Umfang her zu kürzen. Außerdem fordert sie die Verschiebung einer geplanten Zivilrechtsklausur auf einen späteren Zeitpunkt und einen größeren zeitlichen Abstand zur noch ausstehenden Klausur im Öffentlichen Recht, sodass eine adäquate Klausurvorbereitung noch zu gewährleisten sei.
"Neue Hausarbeit thematisch im gleichen Feld"
Die gute Nachricht: Sowohl die Uni als auch die Fachschaft bestätigen gegenüber LTO, dass allen Forderungen der Fachschaft Rechnung getragen werden soll. "Die neue Hausarbeit wird sich thematisch im gleichen Feld bewegen, der Umfang wird etwas geringer sein und die Terminplanungen werden angepasst, auch hinsichtlich der Zivilrechtsklausur", so die Pressestelle der Uni.
Der Fachschaft zufolge wird außerdem zeitnah ein Gespräch mit dem Studiendekan stattfinden, um einerseits zu ergründen, wie es zu einem solch misslichen Fehler kommen konnte, und andererseits das weitere Vorgehen abzustimmen. Die Studierendenschaft werde regelmäßig über neue Entwicklungen auf der Homepage und den Social-Media-Kanälen der Fachschaft auf dem Laufenden gehalten.
Eine ähnliche Panne hatte es in Freiburg im Jahr 2018 übrigens schon einmal gegeben, wie das Freiburger Magazin fudder berichtete. Damals sei die Bearbeitung aber schon nach drei Tagen abgebrochen worden. Für Aufsehen sorgte im Jahr 2017 außerdem ein Freiburger Jurastudent, der für ein und dieselbe Hausarbeit zwei verschiedenen Noten bekommen hat – einmal fünf und einmal neun Punkte.
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2022 M08 22
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