Themenwoche Fachanwalt & Fortbildung

Werkzeugkoffer Weiterbildung

von Anna K. BernzenLesedauer: 4 Minuten
Soft Skills, BWL-Kenntnisse, Auslandsaufenthalt: Die Fortbildungsprogramme, die Großkanzleien für Mitarbeiter auf allen Karrierestufen auflegen, decken mittlerweile die gesamte Bandbreite der fachlichen und persönlichen Weiterbildung ab. LTO stellt die verschiedenen Bildungsprogramme vor.

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Das Jurastudium als Bohrmaschine: Eine ungewöhnliche, in Sachen Fort- und Weiterbildung aber durchaus tragfähige Analogie. Denn für den Großkanzleianwalt sind zwei Examina und das damit verbundene Fachwissen eben nur ein Hilfsmittel von vielen im persönlichen Werkzeugkoffer. Ergänzt werden sie zum Beispiel durch betriebs- und volkswirtschaftliche Kenntnisse, Auslandserfahrung, Präsentations- und Motivationstechniken. Selten werden diese Qualitäten an den Unis gelehrt, nie im Examen abgeprüft. Viele Großkanzleien füllen den Werkzeugkoffer ihrer Anwälte und Anwältinnen daher heute in eigener Regie. Junge Associates erhalten oft schon am ersten Arbeitstag einen detaillierten Aus-bildungsplan an die Hand. Mitarbeiter höherer Seniorität kommen in den Genuss speziell an ihren Berufsalltag angepasster Weiterbildungsprogramme. Auch gestandene Partner sind in so mancher Kanzlei zur organisierten Auffrischung ihres Wissens verpflichtet.

Fachwissen gefragt: Lernen in Kanzlei und Universität

Dass die juristische Ausbildung mit dem zweiten Examen abgeschlossen ist, würde wohl kein Anwalt behaupten. Zur Lektüre von Fachzeitschriften, dem Besuch einschlägiger Konferenzen und ähnlichen, in Eigeninitiative betriebenen Projekten, kommt daher in der Mehrzahl der Großkanzleien eine strukturierte juristische Fortbildung. Die Angebote rangieren von einer Einstiegswoche zum Wirtschaftsrecht, wie sie etwa Freshfields Bruckhaus Deringer anbietet, über das flexible "training on the job" bis hin zu regelmäßigen Veranstaltungen der einzelnen Praxisgruppen. Fast ebenso wichtig wie juristisches Wissen sind manchen Großkanzleien jedoch wirtschaftswissenschaftliche Kenntnisse. Anwälte und Anwältinnen bei Milbank, Tweed, Hadley & McCloy LLP etwa können diese an der amerikanischen Eliteuniversität Harvard erwerben. Im Rahmen des Fortbildungsprogramms "Milbank@Harvard" lernen sie dort zum Beispiel die Grundlagen der Finanzpolitik, der Makro- und Mikroökonomie und des Marketings. Weniger weit reisen die Mitarbeiter von Hengeler Mueller: In der "HM Akademie" werden sie an der Universität St. Gallen in Wirtschaftswissenschaften ausgebildet. Fünf Jahre lang erwerben sie in mehrtägigen Seminaren entsprechende Kenntnisse. Denn die werden im Arbeitsalltag oft ebenso vorausgesetzt wie fundiertes rechtliches Wissen, weiß die verantwortliche Partnerin Dr. Viola Sailer-Coceani: "Unsere Mandanten verlangen einen Rechtsanwalt, der nicht nur die juristischen Fragen abarbeitet, sondern dabei auch ihre wirtschaftliche Zielsetzung im Blick hat."

Sicher präsentieren, kommunizieren, verhandeln: Soft Skill-Unterricht

Zusätzlich zur fachlichen Fortbildung liegt der Fokus immer stärker auf dem Einüben relevanter Soft Skills. Mit gutem Grund: "Es reicht längst nicht aus, brillantes Fachwissen vorweisen zu können. Als unternehmerisch denkender Berater muss man dieses Wissen auch verständlich und zielorientiert vermitteln und sich auf jedem Parkett sicher bewegen können", so Dr. Hubertus Kolster, Managing Partner von CMS Hasche Sigle. Mit der "CMS Hasche Sigle Akademie" setzt seine Kanzlei auf Fortbildung nach dem Baukastenprinzip: Auf jeder Karrierestufe müssen Anwälte und Anwältinnen verschiedene, zu ihrem Berufsalltag passende Fähigkeiten erwerben. Von Präsentationstechnik in den ersten Berufsjahren über Verhandlungsstrategien bis hin zu Motivationstechniken für Führungskräfte. An einem externen Management-Institut können die Fähigkeiten weiter ausgebaut werden. Ähnlich modular ist die hauseigene Weiterbildung von Noerr aufgebaut: Im Karriereprogramm "Noerr Campus" durchläuft jeder Mitarbeiter genau festgelegte Ausbildungsstufen. Dabei wer-den, ebenfalls nach beruflicher Erfahrung differenziert, Kompetenzen wie Kommunikation, Teamfähigkeit oder Führungsstärke trainiert. Personalleiter Wolfgang Troll hat festgestellt: "Auch wenn sich nicht immer alles sofort in die Praxis umsetzen lässt: Die Mitarbeiter sind nach den Übungen sensibilisiert und gehen mit anderen Einstellungen und Erwartungen an ihre Arbeit heran."

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2/2: Mit dem Arbeitgeber ins Ausland: Internationale Erfahrung sammeln

Gerade für international aufgestellte Kanzleien gehört zur Weiterbildung auch, Arbeitserfahrungen im Ausland zu sammeln. Aufenthalte in ausländischen Kanzleiniederlassungen oder Rechtsabteilungen von Mandanten werden besonders bei Arbeitgebern aus dem angloamerikanischen Umfeld gern gesehen. "Anders als etwa bei einem Studienaufenthalt im Ausland lernen die Anwälte so auch fachliche und geschäftliche Herausforderungen des jeweiligen Landes kennen", sagt Dr. Christian Reichel, Partner und Mitglied des deutschen Management Teams bei Baker McKenzie. Dort werden die Aufenthalte seit über 30 Jahren in ein festes Programm eingebunden: Im Rahmen des "Associate Training Programms" werden Anwälte und Anwältinnen in eines der Büros im Ausland geschickt. Ob es nach London oder Laos geht, und welcher Aufgabe der Mitarbeiter sich dort widmet, wird individuell vereinbart und von Mentoren überprüft. "Ein Anwalt unserer global tätigen Kanzlei soll in jedem Land beraten können und sich dabei wohl fühlen", so beschreibt Reichel das Ziel des Programms.

Warum nicht auf eigene Faust?

Doch warum eine kanzleiinterne Weiterbildung dem eigenen, in der Regel weniger straffen, flexibleren Fortbildungsplan vorziehen? "Sicher kann man sich wirtschaftswissenschaftliche Kenntnisse auch selbst erarbeiten. Das erfordert aber erheblich mehr Eigeninitiative und dauert länger", so Dr. Viola Sailer-Coceani. Und Dr. Hubertus Kolster ergänzt: "Mit unserem Fortbildungsprogramm bekommen unsere Mitarbeiter die notwendigen fachlichen und persönlichen Fortbildungsmaßnahmen aus einer Hand und aufeinander abgestimmt angeboten und müssen sich diese nicht aus einem Wust von externen Fortbildungsangeboten selbst zusammensuchen." Der Vorteil für die Kanzleien: Sie können sich ihre Weiterbildungen passgenau zuschneiden. Wer Wirtschaftsunternehmen berät, vermittelt BWL-Kenntnisse, wer im Ausland tätig ist, bietet Sprachkurse und Auslandsaufenthalte an. Das verstärkt auch die Bindung der Mitarbeiter ans eigene Haus. Der Nachteil für diese: Neben den oft mehrmals jährlich stattfindenden Fortbildungen bleibt weniger Zeit für eigene Maßnahmen wie etwa den Erwerb des Fachanwalts. Manche Kanzleien, wie etwa Oppenhoff & Partner, bieten neben eigenen Fortbildungsmaß-nahmen daher eine Unterstützung für externe Weiterbildung an. 2.500 Euro pro Mitarbeiter und Jahr stehen dort zur Verfügung. Fest steht schließlich: Keine Großkanzlei kann es sich leisten, auf dem Bewerbermarkt ohne eigenes Konzept in Sachen Fortbildung aufzutreten: "Vor zehn Jahren fragte kaum ein Bewerber nach solchen Programmen, heute werden sie geradezu vorausgesetzt", berichtet Wolfgang Troll. Der Name einer renommierten Wirtschaftsuniversität kann da ein attraktives Recruiting-Werkzeug sein. Für Bewerber heißt es daher bei der Karriereplanung nicht mehr nur: Fachanwalt oder berufsbegleitendes Studium? Sondern eben auch: Marketingkenntnisse oder Managementtraining? Auslandsstation oder Akademiebesuch? Soft Skills oder Sprachunterricht?

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