Angriff ist nicht die beste Verteidigung
Recht haben und Recht bekommen sind bekanntlich zweierlei. Mancher Prozess geht nicht so aus, wie vom Mandanten erwartet und erhofft. Die Enttäuschung darüber entlädt sich mitunter an der Person, die er dafür verantwortlich macht, nämlich dem eigenen Anwalt. Mit persönlichen Unterstellungen und verbalen Angriffen muss der Adressat in einer solchen Situation umgehen können. Eine Situation, die eskaliert, beruht meist auf einer Vorgeschichte. "Heftige Konflikte fallen nicht aus heiterem Himmel auf uns nieder, sondern bahnen sich an", schreibt Dr. Regina Mahlmann in ihrem Beitrag zu "Konfliktmanagement und Mediation". "Wenn wir vom Ausbruch eines Konflikts überrascht werden, spricht viel dafür, dass unser Frühwarnsystem versagt hat". So resultiert ein Konflikt mit Mandanten häufig daraus, dass der Mandant Erwartungen hatte, die nicht erfüllt wurden. "Hier kann der Anwalt natürlich vorbeugen, in dem er alle Optionen mit Chancen und Risiken sehr klar darstellt und sich nicht scheut, seinem Mandanten auch unangenehme Dinge mitzuteilen.", hebt Dipl.-Psych. Dr. Hansjörg Schwartz, Mediator und Dozent des AnwaltAkademie-Seminars "Umgang mit schwierigen Mandanten", die Wichtigkeit einer präventiven Vorgehensweise hervor. Häufig werde eine solche klare Ansprache von Anwälten aber unterlassen aus Sorge, man könne das Mandantenverhältnis belasten. Anwälte, die neben ihrem Fachwissen auch die Kompetenz mitbringen, unangenehme Folgen für den Mandanten im Vorfeld zu benennen, hätten in der Regel auch zufriedene Mandanten.
Je höher die Erwartung, desto größer die Enttäuschung
Kommt es dann doch mal zu einem persönlichen Vorwurf oder gar zu einer verbalen Attacke, heißt es, Ruhe bewahren. Eine emotionale Gegenreaktion ist zwar verständlich, schaukelt aber die Emotionen weiter hoch. Um das Gespräch zu deeskalieren, ist es daher zunächst wichtig, wieder auf eine ruhige Gesprächsebene zu kommen. "Anstatt zum Gegenangriff überzugehen oder sich zu rechtfertigen, sollten Sie so genannte Ich-Botschaften verwenden", rät Maria Musold, Inhaberin von Straßenberger Konsens-Training. "Drücken Sie Ihr Gefühl, Ihre Wahrnehmung zur Form des Gesagten aus, gehen Sie noch nicht auf die Inhalte ein. Vermeiden Sie in jedem Fall, den Aussagen des Mandanten aggressiv zu begegnen." Von Rechtfertigung und Argumentation in dieser Lage rät auch Dipl.-Psych. Dr. Hans-Jörg Schwartz ab: Das verfestige nur die Widerstände. Besser sei es, den Empfindungen des Mandanten Raum zu lassen. "Dann heißt es: rein in die Unzufriedenheit und auf die Emotionen eingehen", auch wenn das dem einen oder anderen mitunter schwerfalle. Strittige Punkte aufzulisten hilft ebenfalls, das Anliegen des Mandanten nachvollziehen zu können und gemeinsam Verbindendes herauszukristallisieren. Das signalisiert dem Mandanten Verständnis und bringt das Gespräch wieder auf eine sachliche Ebene.Nicht über alle Punkte wird man sich einigen können, nicht jeder Vorwurf wird zu beseitigen sein. Dann hilft es letztlich auch zu akzeptieren, dass zwei Meinungen bestehen. Auf die Emotionen eines Mandanten einzugehen, ist nicht immer angenehm und fordert Geschick, Einfühlungsvermögen und eine gewisse Konfliktfähigkeit. Die Wahrscheinlichkeit, dass es zu einer Konfliktsituation kommt, sinkt aber, wenn man gleich zu Beginn des Mandats mit offenen Karten spielt und die Situation und die Chancen des Mandanten realistisch darlegt. Das erspart dann im Nachhinein Unzufriedenheit und Verdruss auf beiden Seiten. Die Autorin Dr. Thurid Koch ist seit vielen Jahren Syndikusanwältin einer großen Forschungseinrichtung. Mehr auf LTO: Mandantenzufriedenheit: Wer nicht fragt, bleibt dumm
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2010 M10 7
Mandantenmanagement
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