Immer mehr ein Metier für etablierte Anwälte
Berufsbetreuer vertreten ihre Klienten gerichtlich und außergerichtlich. Den genauen Aufgabenbereich legt das Betreuungsgericht fest. In der Regel versuchen die Richter, Ehegatten oder Verwandte zu finden, die die Vertretung ehrenamtlich übernehmen. Nur wenn das nicht möglich ist, wird ein Berufsbetreuer bestellt. Ein Studium oder eine Ausbildung im klassischen Sinne braucht es dafür nicht; die Tätigkeit hat sich in den letzten Jahrzehnten eher aus der beruflichen Praxis heraus entwickelt. "Nach Einführung des Betreuungs-Gesetzes im Jahre 1992 waren vor allem Berufsbetreuer mit sozialpädagogischem Hintergrund erwünscht", erzählt Christian Pfitzner, der nach einer abwechslungsreichen Karriere als Krankenpfleger, Rettungsassistent und Pharmareferent nun Berufsbetreuer ist. "Erst im Laufe der Jahre hat sich herauskristallisiert, dass primär juristische Kenntnisse erforderlich sind, um diesen Beruf auszuüben." Mit späteren Gesetzesänderungen wurde festgelegt, dass die Betreuung vor allem auch eine rechtliche Vertretung sein soll. "Man wird auch besser vergütet, wenn man einen Hochschulabschluss mit entsprechenden Kenntnissen hat, weshalb heute zu 80 Prozent Akademiker den Beruf ausüben", sagt Berufsbetreuer Heinz Merscher*. Dabei sei zwar Soziale Arbeit das klassische Studium, aber Jura dominiere immer mehr. "Es handelt sich schließlich um eine rechtliche Betreuung und keine persönliche im Sinne eines Pflegedienstes oder einer Hilfe im Haushalt." Pfitzner, der 1994 zufällig bei einem Altenheim-Besuch auf die Berufsbetreuung aufmerksam wurde, ist sogar der Meinung, dass der Background eines Sozialpädagogen nicht unbedingt für eine erfolgreiche Betreuertätigkeit erforderlich ist. Nicht-Jurist zu sein, sei aber auch kein Nachteil: "Man kann dann ja immer noch anwaltliche Hilfe einholen."
Die Kosten müssen häufig die Landeskassen übernehmen
Berufsbetreuer sind in Deutschland überwiegend selbstständig tätig, in Vereinen organisiert oder bei der Betreuungsbehörde angestellt. Eine stundenweise Vergütung gibt es erst, wenn man mehr als zehn Betreuungen übernimmt. Trotz dieser hohen Anforderung sind viele Betreuer nebenberuflich oder ehrenamtlich tätig. "Das ist ein zweischneidiges Schwert", sagt Merscher, der in Düsseldorf arbeitet. "Als ehrenamtlicher Betreuer bekommt man nur eine Jahrespauschale von 365 Euro pro Betreuung. Das ist nicht besonders viel.“ Pfitzner arbeitet mittlerweile hauptberuflich als Berufsbetreuer, war aber bis 2001 zusätzlich als Rundfunkjournalist beschäftigt. "Anfang der 2000er Jahre stiegen die Betreuungsfälle so stark an, dass ich mich entschied, nicht mehr halbtags beim Radio zu arbeiten." Ein Trend der sich bis heute fortsetzt, weshalb sich die Kollegen immer wieder gegenseitig aushelfen müssen und einander auch vermitteln. Über seine berufliche Zukunft macht sich Pfitzner daher keine Sorgen. Anders Merscher: Er kritisiert, dass die Voraussetzungen für die Anordnung einer Betreuungen aus Kostengründen immer mehr verschärft würden. Die meisten Betreuten seien vermögenslos, so dass die Kosten die Landeskassen tragen müssten. "Das wiederum hat zur Folge, dass Berufsbetreuer darauf bedacht sind, eine Betreuungen zu behalten, auch wenn eigentlich kein Bedarf mehr besteht."Der Einstig ist schwierig
Juristisch sollte man sich nicht nur im Betreuungsrecht, sondern auch im Zivil- und Sozialrecht auskennen und gewisse medizinisch-psychologische Kenntnisse haben. Darüber hinaus sind Buchführungsfähigkeiten sowie Erfahrung im Umgang mit Behörden gefragt. Für Anfänger gestaltet sich der Einstieg in den Beruf oft schwierig. "Die Wahrscheinlichkeit als Berufsbetreuer neu starten zu können, ist sehr gering, da die Anzahl der Bewerbungen extrem hoch ist", sagt Pfitzner und führt dies auch darauf zurück, dass die Bewerber immer qualifizierter werden. Nicht zuletzt deshalb liebäugeln häufig etablierte Rechtsanwälte mit einem Wechsel in das Metier. "Um von der Tätigkeit leben zu können, ist ein Vorlauf von mindestens ein bis zwei Jahren erforderlich. Während dieser Zeit ist es nicht möglich, sich aus Betreuungseinnahmen zu finanzieren", sagt Pfitzner. Merscher pflichtet dem bei: "Der Job ist hartes Brot. Oft sehen sich Berufsbetreuer Regressforderungen oder persönlichen Angriffen ausgesetzt, denn nicht selten kommt es zu Problemen – und die sind nicht nur rechtlicher Natur." Schuld daran sei auch das Missverhältnis zwischen Anspruch und Leistung, so Merscher. "Wenn im Schnitt nur vier Stunden im Monat pro Person vergütet werden, dann wird in der Regel auch nicht mehr Zeit mit dem Betreuten verbracht." Die vier Stunden gingen in der Regel für Berichte und Korrespondenz mit dem Gericht drauf. Dennoch gebe es weiterhin viele Berufsbetreuer, die ihre Arbeit mit viel Engagement und Herzblut leisten. "Ich liebe meinen Beruf, auch wenn ich oftmals eher Undank als Anerkennung erfahre. Aber irgendjemand muss sich ja schließlich um die Menschen kümmern." *Name von der Redaktion geändert.Auf Jobsuche? Besuche jetzt den Stellenmarkt von LTO-Karriere.
2013 M04 17
Jobprofile
Verwandte Themen:- Jobprofile
- Betreuungsrecht
Teilen