Viele Freiheiten für ein gemeinsames Ziel
Zweck der EWIV soll sein, die wirtschaftliche Tätigkeit ihrer Mitglieder zu erleichtern oder zu entwickeln, indem Mittel, Tätigkeiten oder Erfahrungen zusammengeschlossen werden. Synergien sollen damit effizienter genutzt werden. Gewinne fließen nicht der EWIV zu, sondern müssen zwischen den Mitgliedern aufgeteilt und versteuert werden. Eine EWIV darf selbst nicht mehr als 500 Personen beschäftigen, was freilich nicht für die ihr angeschlossenen Mitglieder gilt.
Gegründet werden kann eine EWIV sowohl von Gesellschaften als auch von natürlichen Personen, die beispielsweise den Zusammenschluss im Rahmen ihrer freiberuflichen Tätigkeit suchen. Mindestens zwei Mitglieder aus verschiedenen Mitgliedsstaaten müssen daran beteiligt sein, der Sitz der EWIV muss in einem Mitgliedsstaat der EU gelegen sein.
Der schriftliche Gründungsvertrag muss mindestens Namen, Sitz und Unternehmensgegenstand sowie Angaben zu den Mitgliedern enthalten.
Soll die EWIV nicht unbegrenzt laufen, sind Angaben zur Dauer zu machen. Mit der Eintragung in das entsprechende Register des Sitzmitgliedstaates erlangt die EWIV in der gesamten EU die volle Rechtsfähigkeit. "Die Kosten für Vertrag und Eintragung liegen bei 2.000 bis 3.000 Euro", schätzt Hans-Jürgen Zahorka, Leiter des Europäischen EWIV-Informationszentrums.
Die Vorteile sind nicht von der Hand zu weisen. Die Mitglieder der EWIV bleiben wirtschaftlich und rechtlich unabhängig, sie behalten also vollumfänglich ihre unternehmerische Freiheit. Auch Unternehmenssteuern fallen bei der EWIV nicht an. Der größte Vorteil der EWIV: Sie bedarf keines Gründungskapitals. Das macht sie sehr flexibel und unbürokratisch.
Kein Pflichtkapital - aber gesamtschuldnerische Haftung
Der Freiheit, kein Pflichtkapital einbringen zu müssen, steht allerdings die unbeschränkte und gesamtschuldnerische Haftung der Mitglieder für Verbindlichkeiten der EWIV gegenüber. "Ein Rückgriff auf die einzelnen Mitglieder ist allerdings erst möglich, wenn die EWIV zuvor zur Zahlung aufgefordert wurde", beschreibt Hans-Jürgen Zahorka das Subsidiaritätsprinzip. Zudem bestehe die Möglichkeit, die Haftung für einzelne Mitglieder durch vertragliche Vereinbarungen zu beschränken.
Für den Zusammenschluss im Sinne einer gemeinsamen Berufsausübung als Alternative zu einer GbR oder Partnerschaftsgesellschaft ist die EWIV allerdings weniger geeignet, denn bei letzterer wird der Beruf nicht gemeinsam ausgeübt. "Die EWIV ist keine Berufsausübungsgesellschaft, sondern dient der gegenseitigen Unterstützung der Berufsausübung der Gesellschafter und damit der Verbesserung der wirtschaftlichen Ergebnisse der Tätigkeit der Gesellschafter", so Rechtsanwältin Sabine Unkelbach-Tomczak anlässlich eines Vortrags zum Deutschen Anwaltstag 2008.
Zudem müssen nach der Verordnung zur EWIV ihre Mitglieder in verschiedenen Mitgliedstaaten ihre Hauptverwaltung haben. "In der Praxis bedeutet dies, dass eine Verordnung wie diese nur greift, wo ein grenzüberschreitender Tatbestand vorliegt – was bei einer 'gewöhnlichen' Kanzlei nicht der Fall ist", gibt auch Anja Böhnlein, Rechtsanwältin am Institut für Freie Berufe, zu Bedenken.
Aber der Zusammenschluss in einer EWIV bietet für andere Zwecke große Vorteile. So sehen viele Anwälte in der EWIV eine große Chance, sich grenzüberschreitend mit anderen Sozietäten zu verknüpfen, um zusammen konkurrenzfähiger zu sein. Viele Anwaltsnetzwerke basieren daher auf der EWIV, so z.B. auch Eurojuris oder DIRO.
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2010 M08 9
Kanzleigründung
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