BVerfG zu anwaltlichem Berufsrecht

Gemeinsame GmbH ist möglich

von Martin W. HuffLesedauer: 3 Minuten
Das Bundesverfassungsgericht hat in einer Senatsentscheidung grundlegende Verbote in der Bundesrechts- und Patentanwaltsordnung für den Zusammenschluss in einer GmbH als verfassungswidrig angesehen. Die Regelungen seien unnötig und verstießen gegen die Berufsfreiheit. Martin W. Huff stellt die Entscheidung vor, deren Bedeutung weit über den Einzelfall hinausgeht.

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Rechts- und Patentanwälte dürfen sich – als freie Berufe der Rechtsberatung – ohne weiteres in einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts und auch in einer Partnerschaftsgesellschaft zusammenschließen. Die Frage, ob in der Kanzlei mehr Rechtsanwälte oder mehr Patentanwälte tätig sind, ist dabei unerheblich. Ganz anders sieht es indes aus, wenn diese beiden Berufsgruppen eine Rechtsanwalts- und Patentanwaltsgesellschaft mit beschränkter Haftung, also eine gemeinsame GmbH gründen wollen. Zwar dürfen Rechtsanwälte eine GmbH gründen, die selber zur anwaltlichen Berufsausübung berechtigt ist. Sie dürfen auch Patentanwälte als Gesellschafter und Geschäftsführer mit in die Gesellschaft aufnehmen. Doch die Rechtsanwälte müssen immer die Mehrheit sowohl der Gesellschaftsanteile wie auch unter den Geschäftsführern haben, §§ 59e, f Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO). Die gleiche Regelung gibt es spiegelbildlich auch für die Patentanwälte in den §§ 52e, f Patentanwaltsordnung (PAO). Dies bedeutete bisher, dass eine gemeinsame Rechtsanwalts- und Patentanwalts-GmbH, die sowohl die Rechte als Rechtsanwalt als auch als Patentanwalt hat, nicht möglich war. Diese Beschränkungen in beiden Berufsordnungen hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) jetzt in einer ausführlichen Senatsentscheidung als verfassungswidrig eingestuft (Beschl. v. 14.01.2014, Az. 1 BvR 2998/11, 1 BvR 236/12). Der 1. Senat hob damit im Ergebnis Entscheidungen des Anwalts- und Patentanwaltssenats des Bundesgerichtshofes (BGH) auf und verpflichtet den BGH zu einer Neuentscheidung. Geklagt hatte eine GmbH in Gründung, die von zwei Patentanwälten und einem Rechtsanwalt gegründet worden war. Alle drei waren gleichberechtigte Geschäftsführer und Gesellschafter und wollten für beide Tätigkeiten als Berufsausübungsgesellschaft zugelassen werden. Nach den geltenden Vorschriften lehnten dies die Kammern und auch die Gerichte ab.

Einschränkung der Berufsfreiheit unnötig und unverhältnismäßig

Die Verfassungsrichter waren jedoch anderer Auffassung. Mit den restriktiven Regelungen würde unerlaubt in die Berufsausübungsfreiheit eingegriffen. Die Begründung des Gesetzgebers, dass die Regelungen zur Vermeidung von Interessenkonflikten erforderlich seien, verwirft das BVerfG. Die Anhänger beider Gruppen, so der Ausgangspunkt der Argumentation, seien in ihrem Beruf unabhängig; der Rechtsanwalt in allen Rechtsangelegenheiten, der Patentanwalt auf dem Gebiet des Patentrechts, bis hin zu der Befugnis, bestimmte Gerichtsverfahren eigenständig führen zu dürfen. Diese Unabhängigkeit sei grundsätzlich ein legitimer Zweck für berufsrechtliche Beschränkungen. Auch der Vorbehalt, dass sich nur Berufsträger zusammenschließen dürften, die bestimmten berufsrechtlichen Pflichten unterliegen, wie dies bei Rechts- und Patentanwälten der Fall ist, sei noch erlaubt. Doch alle diese Überlegungen rechtfertigten die angegriffenen Regelungen nicht. Diese sind nach Ansicht der Richter unverhältnismäßig und greifen viel zu weit in die Berufsfreiheit ein. Denn die übrigen berufsrechtlichen Regelungen sowohl in der BRAO als auch in der PAO reichten völlig aus, um einen Schutz vor Interessenkollision zu gewährleisten. Die Einschränkungen hinsichtlich der gemeinsam betriebenen GmbH seien also gar nicht erforderlich, um nach außen hin für Unabhängigkeit zu sorgen. Es gebe keine spezifischen Gefährdungen durch die gemeinsame Berufsausübung in einer GmbH, stellt das Gericht fest. Die Richter verweisen auch darauf, dass es in den anderen Gesellschaftsformen solche Beschränkungen ebenfalls nicht gibt.

Signalwirkung für künftige Entscheidung

Daher, so das Fazit der Entscheidung, sind die berufsrechtlichen Regelungen zur GmbH in der BRAO / PAO nichtig und gelten ab sofort nicht mehr. Der BGH muss also jetzt wohl die Gesellschaft in einer neuen Entscheidung als GmbH für beide Berufsgruppen zulassen. Das Bundesverfassungsgericht bestätigt in seiner Entscheidung wieder einmal die Linie, dass Einschränkungen der Berufsfreiheit nur in engen Grenzen erlaubt und generelle Verbote selten erforderlich sind. Mit Spannung kann man daher auch die Entscheidung des Gerichts über das bisher bestehende Verbot des Zusammenschlusses von Rechtsanwälten mit Ärzten und Apothekern erwarten. Der Gesellschaftsrechtssenat des BGH hatte diese Einschränkung als verfassungswidrig angesehen und die Frage dem BVerfG daher 2013 zur Entscheidung vorgelegt. Folgt man der Argumentation des BGH und sinngemäß auch des BVerfG, muss sich die Anwaltschaft darauf einstellen, dass bald eine weitere Vorschrift des Berufsrechts als verfassungswidrig fallen wird. Der Autor Martin W. Huff ist Rechtsanwalt und Journalist in Leverkusen. Er ist Geschäftsführer der Rechtsanwaltskammer Köln und hat u.a. einen Lehrauftrag für Berufsrecht an der German Graduate School of Management and Law (GGS) in Heilbronn.

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