Im Berliner Prozess um den ermordeten Georgier verrät der zentrale Zeuge seine Quellen nicht. In Italien werden Seenotretter wegen Schleuserei angeklagt. Gründe zur Einstufung der AfD als rechtsextremistischer Verdachtsfall wurden bekannt.
Thema des Tages
KG Berlin – Mord an Georgier im Tiergarten: Im Prozess vor dem Kammergericht Berlin zum Mord an einem Georgier im Berliner Tiergarten hat als Zeuge vier Tage lang der Journalist "G" von der Rechercheorganisation Bellingcat ausgesagt, wie LTO (Felix Zimmermann) berichtet. "G" ist der Hauptbelastungszeuge für die Annahme des Generalbundesanwalts, dass der Mordauftrag aus Russland kam. Er hat es jedoch abgelehnt, Fragen zu seinen Quellen zu beantworten. Dabei konnte er sich zwar auf das journalistische Auskunftsverweigerungsrecht berufen, dennoch relativierte dies den Wert seiner Aussage. Ein Urteil in dem Prozess könnte bereits Ende April fallen.
Rechtspolitik
Corona – Beschränkungen: Nachdem sich die Bund-Länder-Konferenz am Mittwoch auf ein mehrstufiges Öffnungskonzept verständigt hat, drohen laut LTO nun Hoteliers und Gastronomen mit Klagen. Kritik an dem Beschluss kommt unter anderem auch aus der Linken-, Grünen- und SPD-Fraktion im Bundestag sowie vom rheinland-pfälzischen FDP-Justizminister.
Corona - Impfung: Auf dem Verfassungsblog erklärt der Doktorand Lino Munaretto, in der verfassungsrechtlichen Debatte um die Priorisierung von Corona-Impfungen werde zu wenig Augenmerk auf das Problem gelegt , dass vorhandene Impfstoffe keine Abnehmer fänden. Gerichte sollten ein "Recht auf Kapazitätserschöpfung" durchsetzen können und somit ein "Recht auf Impfung".
Lobbyregister: Nun berichtet auch spiegel.de (Nicolas Wildschutz) über den vom Kabinett beschlossenen Gesetzentwurf zur Einführung eines Lobbyregisters. Die NGO LobbyControl begrüßt die Einführung des Lobbyregisters grundsätzlich, hätte sich aber mehr gewünscht. Abgeordnetenwatch hingegen hält das Gesetz für einen "traurigen Kuhhandel". Beide Organisationen kritisieren das Fehlen des sogenannten "exekutiven Fußabdrucks" in der Regelung.
Ulrike Herrmann (taz) ist der Meinung, dass die CDU ein "vernünftiges Lobbyregister" verhindert habe. Dies führt sie auf die engen Verbindungen der Partei mit der Industrie zurück und geht in diesem Zusammenhang auf die Praktiken einzelner Politiker und Bestechungsvorfälle ein.
Personenkennziffer: Laut FAZ (Dietrich Creutzburg) will nach dem Bundestag nun auch der Bundesrat dem Registermodernisierungsgesetz zustimmen. Das Gesetz soll für einen geordneten elektronischen Datenaustausch zwischen Behörden sorgen. Dafür soll die Steuer-Identifikationsnummer bei wichtigen Behörden mit den dort vorhandenen persönlichen Stammdaten verknüpft werden, so dass behördenübergreifende Zusammenarbeit und Abfragen möglich werden.
Mietendeckel Berlin: Die FAZ (Michael Psotta) erinnert daran, dass nunmehr seit einem Jahr in Berlin eine Mietpreisobergrenze gilt. Es wird dargestellt, wie der Mietendeckel funktioniert, welche Auswirkungen er bisher hatte und wie verschieden Akteure im Bereich der Wohnungsvermietung zu dem Gesetz stehen. Das Bundesverfassungsgericht wird voraussichtlich im zweiten Quartal 2021 entscheiden, ob ein solcher Eingriff in Eigentumsrechte erlaubt sei und ob die Länder eine Gesetzgebungskompetenz für derartige Regelungen haben.
Suizidhilfe: beck-aktuell interviewt Karsten Scholz, den Leiter der Rechtsabteilung der Bundesärztekammer, zum Thema Suizidhilfe. Im Interview wird zuerst die momentane Ausgangssituation beim Recht auf einen selbstbestimmten Tod dargestellt. Anschließend werden drei verschiedene Gesetzentwürfe besprochen, die auf unterschiedliche Weise das Recht auf einen selbstbestimmten Tod regeln sollen.
Justiz
EuGH zu Windkraft/Vogelschutz: Der Europäische Gerichtshof hat entschieden, dass es bei der Genehmigung von Windkraftanlagen nicht darauf ankomme, ob die Population einer Vogelart insgesamt durch den Betrieb der Anlage gefährdet sei, sondern weiterhin der Schutz des einzelnen betroffenen Vogels, seine Flugroute oder sein Nistplatz im Fokus der Prüfung stehen müsse. Das Hbl (Jürgen Flauger) nimmt das Urteil zum Anlass, den Stand der Windkraft in Deutschland zu beleuchten und den Konflikt von Windkraft und Artenschutz darzustellen.
OLG Koblenz zu Folter in Syrien: Nach dem vielbeachteten ersten Urteil des Oberlandesgerichts Koblenz zu Staatsfolter in Syrien hat die Bundesanwaltschaft darauf verzichtet, Revision einzulegen, wie LTO schreibt.
OLG Münster/OLG Schleswig zu Prüfungsüberwachung: Die Oberverwaltungsgerichte in Münster und in Schleswig haben Eilentscheidungen veröffentlicht, wonach die Klagen von zwei Studenten gegen die Onlineüberwachungen ihrer Prüfungen an den Unis in Kiel und Hagen erfolglos blieben, wie spiegel.de (Armin Himmelrath) schreibt. Der Kieler Student hatte geltend gemacht, dass das Einschalten von Kamera und Mikrofon während einer Onlineklausur gegen die Unverletzlichkeit seiner Wohnung verstoße. Der Jurastudent an der Fernuni Hagen wollte verhindern, dass Video- und Tonaufnahmen von ihm auch über die Prüfungsdauer hinaus gespeichert werden.
VG Freiburg zu Gastronomie in Seniorenheimen: Das Verwaltungsgericht Freiburg hat laut FAZ-Einspruch (Constantin van Lijnden) und LTO entschieden, dass ein Seniorenzentrum seine Gastronomie auch für Geimpfte und solche Bewohner nicht öffnen darf, die bereits eine Corona-Infektion überstanden haben. Es sei wissenschaftlich noch nicht bewiesen, dass Geimpfte sich nicht doch infizieren und das Virus weiterreichen könnten.
VG Potsdam zu Impfpriorisierung: Das Verwaltungsgericht Potsdam hat entschieden, dass eine 71-Jährige Krebspatientin, abweichend von der Impfverordnung des Bundesgesundheitsministeriums, gegen Corona geimpft werden muss. Das Gericht argumentierte, die staatliche Fürsorgepflicht schlösse es aus, Personen "die aufgrund individueller Umstände ganz konkret am wahrscheinlichsten mit dem Tod bedroht sind, hinter Personen einzuordnen, für die das nur aufgrund abstrakter Annahmen" gelte, wie etwa bei hohem Lebensalter. spiegel.de (Dietmar Hipp) nimmt diesen Fall zum Anlass, Regelungen und Konflikte in Bezug auf die Impfreihenfolge genauer zu untersuchen.
LG Stuttgart – Inkassodienst und Kartellschaden: Die Inkasso-Tochtergesellschaft des Logistikverbands Elvis hat ihre Klage gegen Daimler vor dem Landgericht Stuttgart ausgeweitet. Der Verband hat sich die Ansprüche von vielen deutschen und schweizerischen Speditionen gegen den Nutzfahrzeughersteller Daimler abtreten lassen. Diesen Fall nimmt die FAZ (Marcus Jung) zum Anlass, den Gesetzentwurf zur Förderung verbrauchergerechter Angebote im Rechtsdienstleistungsmarkt zu thematisieren, welcher große Auswirkung auf die Arbeit von Inkassodienstleistenden haben könnte.
LG Mönchengladbach* – Kitamord: Vor dem Landgericht Mönchengladbach ist eine Erzieherin wegen heimtückischen Mordes an einem zweijährigen Kind in einer Kita in Viersen angeklagt. Sie soll den Brustkorb des Mädchens während des Mittagsschlafs so lange zusammengedrückt haben, bis es keine Luft mehr bekam. Dies hatte die Angeklagte schon zuvor über Jahre hinweg in anderen Kitas bei drei anderen Kindern versucht, die jedoch gerettet werden konnten. Die SZ (Jana Stegemann) bringt eine ganzseitige Seite 3-Reportage über den Prozess, in dem am heutigen Freitag das Urteil fallen soll.
LG Bremen – befangener Schöffe: In einem Prozess vor dem Landgericht Bremen sah die Staatsanwaltschaft einen Schöffen als befangen an, da er die angeklagten mutmaßlichen Drogendealer aus einem Fitnessstudio kannte, wie LTO berichtet.
LG Lübeck – Selbstjustiz im Gerichtssaal 1981: Die FAZ (Karin Truscheit) erinnert an den Fall Marianne Bachmeier, die vor 40 Jahre im Landgericht Lübeck, den angeklagten mutmaßlichen Mörder ihrer siebenjährigen Tochter erschoss. Die Autorin geht dabei dem Motiv der Mutter nach, das wohl nicht nur aus Rache bestanden habe.
Recht in der Welt
Italien - Anklage gegen Seenotretter: Die Staatsanwaltschaft der italienischen Hafenstadt Trapani hat Anklage gegen 21 Seenotretter erhoben - wegen des Verdachts auf Schleuserei und Beihilfe zur illegalen Einreise, wie die FAZ (Matthias Rüb) schreibt. Unter den Angeklagten befänden sich auch zehn Deutsche. Es drohen ihnen zum Teil Höchststrafen von bis zu 20 Jahren Haft.
EuGH – Subventionen für spanische Fußballclubs: Der Europäische Gerichtshof hat entschieden, dass ein spanisches Gesetz, wonach auf bestimmte Fußballclubs ein niedrigerer Steuersatz angewendet wurde, eine unzulässige staatliche Beihilfe darstellt, wie LTO schreibt. Insbesondere sei es für eine Beihilfe nicht notwendig, den exakten Vorteil bestimmen zu können, der den Begünstigten daraus erwachse. Nun stehen dem FC Barcelona und drei weiteren spanischen Fußballclubs hohe Steuernachzahlungen bevor.
IStGH – Palästina: Nun befasst sich auch die SZ (Peter Münch) mit der Aufnahme von Ermittlungen u.a. zum Gazakrieg 2014 und zum israelischen Siedlungsbau durch die Chefermittlerin Fatou Bensouda. Bis zu einer möglichen Anklage könnten aber noch Jahre vergehen.
USA – Polizeireform: Das US-Repräsentantenhaus hat eine Polizeireform verabschiedet, welche nach dem im letzten Jahr ermordeten Afroamerikaner George Floyd benannt ist, wie die taz schreibt. Das Maßnahmenpaket sieht unter anderem ein Verbot von Würgegriffen bei Polizeieinsätzen und Regeln gegen Racial Profiling vor.
Niederlande – Kindesmissbrauch: In den Niederlanden wurde der Prozess gegen einen Vater eingestellt, der seine Kinder jahrelang isoliert, gequält und missbrauch haben soll. Laut SZ (Thomas Kirchner) ist der Gesundheitszustand des Mannes zu schlecht und er daher prozessunfähig.
Juristische Ausbildung
Justizassistenz: LTO (Peggy Fiebig) berichtet über ein in Niedersachsen etabliertes Modell, bei dem Referendarinnen und Referendare nebenbei in der Justiz jobben können, um sich etwas dazu zu verdienen. Damit wolle das Land dem Richtermangel entgegenwirken. Andere Bundesländer sähen das Modell jedoch skeptisch, u.a. weil Prüfungsanfechtungen befürchtet werden, wenn manche Referendarskräfte intensivere Erfahrungen machen können als andere.
Sonstiges
Verdachtsfall AfD: Der SZ (Ronen Steinke u.a.) liegt ein Papier des Bundesamts für Verfassungsschutz vor, welches die vier zentralen Argumente darstellt, die AfD als einen rechtsextremistischen Verdachtsfall einzustufen. Demnach bestehe der offiziell aufgelöste "Flügel" weiter und präge auch weiterhin die Partei, AfD-Mitglieder hetzten gegen eine angebliche "Corona-Diktatur" und machten dabei die Demokratie verächtlich, die AfD weise ein rassistisches Menschenbild auf und würdige Zugewanderte herab.
* (geändert am 8. 3. 2021 um 7.22 h)
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lto/ls
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Die juristische Presseschau vom 5. März 2021: . In: Legal Tribune Online, 05.03.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/44428 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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