Die juristische Presseschau vom 12. bis 14. September 2015:: Di Fabio gegen offene Grenzen - Harter Richter für legales Kiffen - Maas trifft Face­book

14.09.2015

Ex-Verfassungsrichter Udo Di Fabio verteidigt den Staat gegen das Konzept offener Grenzen. Außerdem in der Presseschau: Jugendrichter Andreas Müller plädiert für die Entkriminalisierung des Kiffens und Justizminister Heiko Maas will wegen rechter Hetze auf Facebook einwirken.

Thema des Tages

Offener Staat ohne offene Grenzen: Ex-Verfassungsrichter Udo Di Fabio plädiert in der Montags-FAZ in einem ganzseitigen Beitrag angesichts der Flüchtlingswelle gegen ein Konzept offener Grenzen. Die Grenzsicherung müsse verbessert werden, ökonomische Anreize müssten verringert und die Stabilität der Herkunftsregionen verbessert werden. Vor allem aber weist Di Fabio auf die angebliche Dialektik von Offenheit und Begrenzung hin. "Ein offener Staat, der die Disposition über seine Grenzen aufgibt, mag offen sein, wird aber kein Staat bleiben können." Das Konzept der Bedeutungsverminderung von Grenzen durch Angleichung der Lebensverhältnisse sei "bis auf weiteres gescheitert". Di Fabio endet dennoch leicht optimistisch: "Der Westen als Gesellschaftsmodell mag heute schwanken oder gar im Niedergang befindlich scheinen, aber er hat keine wirklichen Systemkonkurrenten, weder in China, in Russland, in Venezuela noch in Iran." Auch in den 30-er Jahren habe die westliche Demokratie schwach gewirkt, sich aber letztlich durchgesetzt.

Sichere Herkunftsstaaten: Die EU-Kommission hat vorgeschlagen, dass auf EU-Ebene künftig eine eigene Liste "sicherer Herkunftsstaaten" beschlossen werden soll. Die Montags-taz (Christian Rath) stellt das Konzept vor, über das an diesem Montag die EU-Innenminister diskutieren. "Wie im deutschen Recht geht es dabei vor allem um Show-Effekte."

Rechtspolitik

Cannabis: In Interviews mit dem Spiegel (Marco Evers) und lto.de (Constantin van Lijnden) stellt Andreas Müller ("Deutschlands härtester Jugendrichter") sein neues Buch "Kiffen und Kriminalität" vor. Darin fordert er eine Entkriminalisierung des Cannabis-Konsums. "Die Kriminalisierung der Nutzer muss aufhören, das sind Leute, die niemanden schädigen und
niemanden gefährden."

Vorratsdatenspeicherung: Die EU-Kommission beanstandet, dass in Deutschland vorgeschrieben werden soll, die Daten der geplanten Vorratsdatenspeicherung ausschließlich "im Inland" zu speichern. Das verstoße gegen die Dienstleistungsfreiheit. Die Montags-taz (Christian Rath) erklärt, warum dies zu einer mindestens zwei-wöchigen Verschiebung des Gesetzesbeschlusses führen wird. In einem weiteren Beitrag beschreibt die Montags-taz (Christian Rath), welche Kosten die Vorratsdatenspeicherung bei den Telekom-Unternehmen verursacht und warum letztlich die Bürger dies bezahlen. Anlass ist die Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken.

Wiederaufnahme: Rechtsprofessor Marco Mansdörfer lehnt auf lto.de den Vorschlag ab, dass neue DNA-Beweise nach einem früheren Freispruch eine Wiederaufnahme ermöglichen sollten. "Es geht nicht anders. Der Gesetzgeber muss dem Beschuldigten nach dem Ende des Verfahrens seinen Rechtsfrieden gewähren." Der Staat könne sonst "jederzeit wieder und wieder zugreifen, mit jedem Fortschritt der Kriminaltechnik nochmals." Neue Strafprozesse würden nach Jahrzehnten ohnehin oft im "Desaster" enden und die Opfer und ihre Angehörigen erst recht frustrieren.

Prostitution: Die Grünen gehen davon aus, dass der Gesetzentwurf für ein Prostituiertenschutzgesetz, den Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) vorgelegt hat, im Bundesrat zustimmungspflichtig ist, meldet der Spiegel (Ann-Katrin Müller). Gefordert wird eine umfassende Überarbeitung des "bürokratischen" Gesetzentwurfs, "auch weil er, etwa durch die Anmeldepflicht, Prostituierte diskriminiere und stigmatisiere.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 12. bis 14. September 2015:: Di Fabio gegen offene Grenzen - Harter Richter für legales Kiffen - Maas trifft Facebook . In: Legal Tribune Online, 14.09.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/16884/ (abgerufen am: 27.06.2024 )

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