Der Anwalt in der digitalen Welt

Mit Hund und Braut im Netz

von Sabine OlschnerLesedauer: 4 Minuten
Facebook, Twitter, YouTube – uninteressant für Kanzleien? Von wegen. Die Anwälte, die den Schritt in die digitale Welt gewagt haben, sind damit erfolgreich. Unter anderem, weil sie auf diesem Feld Pioniere in ihrer Branche sind.

Angefangen hat alles mit einem Blogartikel: "Ich habe im Radio einen Beitrag über Tauschbörsennutzer gehört. Mit dem Inhalt des Beitrags war ich nicht einverstanden und habe auf unserem Kanzlei-Blog einen Artikel dazu geschrieben. Der verbreitete sich in Windeseile in der Blogger-Szene, bis die Medien auf mich aufmerksam wurden und mich als Experte für Tauschbörsennutzung interviewten", berichtet Christian Solmecke, Rechtsanwalt für Medien- und IT-Recht sowie Partner der Kölner Kanzlei Wilde Beuger Solmecke. Dieses Erlebnis hat ihm gezeigt: Wer im Internet Gesicht zeigt und sich zeitnah mit aktuellen Themen befasst, wird bekannt. Mittlerweile hat seine Kanzlei rund 5000 Follower auf Twitter, mehr als 20.000 Fans bei Facebook, über 75.000 Abonnenten bei YouTube und hat eigens für die Pflege des Blogs und der Social-Media-Kanäle eine Journalistin mit juristischem Hintergrund eingestellt. "Regelmäßige Blogbeiträge, zwei bis drei Facebook-Postings pro Tag, täglich ein neues YouTube-Video in Zusammenarbeit mit Studenten von einer Filmhochschule, dazu die Messungen, wie erfolgreich all diese Maßnahmen sind – das schaffe ich neben dem täglichen Anwaltsgeschäft nicht", sagt Christian Solmecke, auch wenn er sich schon weitgehend aus der Mandantenarbeit zurückgezogen hat, um sich auf das Marketing zu konzentrieren. Der Aufwand zahlt sich auf jeden Fall aus: Die Auswertungen zeigen, dass die Kanzlei allein über den YouTube-Kanal schon mehrere Tausend Mandate gewonnen hat. „Man muss halt dranbleiben“, so die Erfahrung des Anwalts. „Es braucht viel Geduld, bevor man konkrete Ergebnisse sieht.“ Seine Kanzlei ist indes vor allem auf Medien- und IT-Recht spezialisiert – das mag Auswirkungen auf den Erfolg bei der Internet-Akquise, dem Lebensraum der Mandanten, haben.

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Social Media mit Leben füllen

Die Kanzlei Wilde Beuger Solmecke ist noch immer eine Ausnahme in der Rechtsbranche: Nur wenige Kanzleien haben bislang den Schritt ins Internet gewagt. "Websites haben mittlerweile die meisten, aber viele sind technisch veraltet, sodass sie als Akquisetool nur bedingt funktionieren", weiß Andreas Klünder, Geschäftsführer der Internetagentur ffm crossmedia, die unter anderem Anwälte bei ihren Onlineauftritten betreut. "Kanzleien, die in den sozialen Medien präsent sind, gibt es hingegen kaum." Für Klünder unverständlich, "denn diejenigen, die sich auf Facebook und Co. engagieren, tun das mit viel Erfolg". Seine Agentur bietet ihren Kanzleikunden zwar an, einen Blog und Social-Media-Kanäle einzurichten, mit Leben füllen müssen die Kanzleien diese aber selbst. "Sie müssen ihre potenziellen Mandanten persönlich ansprechen, um Vertrauen zu bilden. Dazu muss man, gerade in den sozialen Medien, auch mal etwas Privates preisgeben, zum Beispiel Bilder vom Kanzleifest oder die Freude der Mitarbeiter über die neuen Computer." Menschlich rüberzukommen fällt dem Anwaltsbüro Quirmbach und Partner aus dem rheinland-pfälzischen Montabaur leicht – unter anderem wegen der sechs Kanzleihunde, die immer mal wieder über die Facebook-Seite der Kanzlei springen. Auch die Hochzeit einer Anwältin oder die bestandene Prüfung der Auszubildenden stehen neben Fachpostings zum Beispiel zu neuesten Urteilen Thema auf Facebook.

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2/2: Präsent auf allen sozialen Kanälen

Ulrike Fetz aus der Presse- und Marketingabteilung widmet einen Großteil ihrer Arbeit den Auftritten der Kanzlei im Internet: Sie hat die Firmen-Website suchmaschinenoptimiert überarbeitet, veröffentlicht mindestens einmal in der Woche einen neuen Blogbeitrag, hin und wieder ein YouTube-Video und schaltet Google AdWords-Anzeigen, damit die Kanzlei bei Suchanfragen besser gefunden wird. "Es ist wichtig, sich als Kanzlei klar zu positionieren, ansonsten wird es schwer, sich gegenüber der Konkurrenz im Netz durchzusetzen", so ihre Erfahrung. Die Inhalte für die verschiedenen Medienkanäle liefern ihr die Anwaltskollegen, darüber hinaus hat sie sich von externen Internetexperten beraten lassen. "Auf allen Kanälen präsent zu sein ist wichtig, um neue Mandanten auf sich aufmerksam zu machen", sagt Ulrike Fetz. "Letztens sagte ein Mandant: ,Um Sie bin ich ja gar nicht herumgekommen!' Das war eine gute Bestätigung meiner Arbeit." Wer nun denkt "Scheint ja doch was dran zu sein am Internet, vielleicht sollte ich das doch mal probieren", dem sei empfohlen: Einfach anfangen und sehen, welche Kanäle sich wie entwickeln. Dabei sollte man allerdings die rechtlichen Fragen, die für das Internet gelten, nicht außer Acht lassen. "Das Wichtigste ist ein Impressum, und zwar nicht nur auf der Website, sondern auch auf Facebook, YouTube, Twitter, Google+ und Xing", betont Arno Lampmann, Partner der Kölner Kanzlei Lampmann, Haberkamm & Rosenbaum Partnerschaft, die sich unter anderem auf Urheberrecht sowie Presse- und Medienrecht spezialisiert hat.

Virtuelle Kontakte pflegen

Lampmann spricht aus Erfahrung: Vor zwei Jahren wurde seine Kanzlei von einem Stuttgarter Rechtsanwalt wegen eines angeblich unzureichenden Impressums auf Google+ abgemahnt. Zweite Falle, in die Nutzer im Internet tappen können: das Urheberrecht. "Vor allem, wenn man Bilder aus seinem Blog, für die man die Rechte erworben hat, in den sozialen Medien teilt, sollte man prüfen, ob die Nutzung dort ebenfalls erlaubt ist", rät Lampmann. Urheberrechte gelten genauso für Texte, Grafiken oder anderes urhebergeschütztes Material, das in Postings oder Filmen verwendet wird. "Im Zweifel sollte man für die Veröffentlichung von Texten oder Bildern immer das Einverständnis des Rechteinhabers einholen, dann ist man auf der sicheren Seite." Bei allen rechtlichen Fallstricken: Angst vor dem Internet brauchen Anwälte nicht zu haben. Ganz im Gegenteil: Kanzleien, die sich online engagieren, berichten von neuen Mandaten und besserer Reputation. Den virtuellen Kontakt mit den Lesern zu pflegen, braucht allerdings Zeit und Geduld. Thomas Gfrörer, Rechtsanwalt und Partner in der Kanzlei Quirmbach und Partner, bringt es auf den Punkt: "Man muss nicht immer zu den Ersten gehören, die eine neue Technik umsetzen, aber die Erwartungen der Mandanten sind inzwischen voll auf die digitale Welt eingestellt. Hier sollte man nicht den Anschluss verpassen"

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