2/2: Single-Mütter und lesbische Paare: Der Vater ist immer der Spender
Noch gefährlicher ist die Situation für den Samenspender bei Single-Frauen oder lesbischen Paaren, die sich ihren Kinderwunsch "ohne Mann" erfüllen wollen.
In diesen Fällen gibt es gar keinen rechtlichen Vater, zu dem eine Eltern-Kind-Beziehung mit Rechten und Pflichten begründet würde. Der Samenspender als der leibliche Vater ist und bleibt von Anfang an der Vater des Kindes. Die lesbisch Partnerin der Mutter kann nämlich die Vaterschaft erst gar nicht anerkennen; bei einer eingetragenen Lebenspartnerschaft wird sie – anders als bei Ehegatten – auch nicht automatisch vermutet.
Zwar kann die eingetragene Lebenspartnerin der Mutter das Kind adoptieren, das wird bisher aber kaum praktiziert. Es passt auch nicht zur gemeinsamen Kinderwunscherfüllung.
Wenn es richtig teuer wird: Vom Samenspender zum echten Vater
Wird die Vaterschaft des Samenspenders durch ein Gutachten festgestellt, treffen ihn sämtliche Pflichten eines "echten" Vaters. Er muss für den Unterhalt des Kindes aufkommen. Dieses wird ihm gegenüber erb- und pflichtteilsberechtigt, und zwar sogar als Erbe der ersten Ordnung, also gleichrangig neben seinen "eigenen" Kindern, seinem und dessen Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartner.
Die Mutter des im Reagenzglas (in vitro) gezeugten Kindes und deren Partner oder Partnerin können den Samenspender zwar von diesen Verpflichtungen in einer Vereinbarung freistellen. Dies hilft ihm allerdings nur, wenn sie selbst leistungsfähig sind.
Für den Studenten, der lediglich sein BAföG aufbessern wollte und später Karriere macht, kann das teuer werden. Je besser die Qualität seines Spermas war, umso mehr Kinder können ihn dann auch mit Unterhalts- und Erbansprüchen nach einer unproblematisch möglichen Vaterschaftsfeststellung konfrontieren.
Und nicht nur das: Geht die Wunscheltern-Idylle schnell zu Bruch, kann auch die Mutter, solange sie das Kind betreut, Unterhalt vom Spendervater verlangen. Einen Verzicht hierauf lässt das Gesetz für künftigen Unterhalt nicht zu.
Moderne Elternschaft und altes Abstammungsrecht
Nicht nur der Samenspender, sondern auch der Arzt und die Samenbank, bei der die Spende abgegeben wurde, können haften. Haben Arzt und Samenbank dem Spender Anonymität zugesagt, die sie später nicht einhalten können, kann dieser sie für Unterhaltsforderungen in Regress nehmen. Wahren sie die Anonymität des Samenspenders, sind sie Schadenersatzansprüchen des Kindes ausgesetzt.
Hintergrund ist das geltende Abstammungsrecht, das die modernen Formen der Verwirklichung des Kinderwunsches im Hinblick auf neue Familienformen und eine immer spätere Elternschaft noch nicht berücksichtigt. Würden bezahlte oder aus Gefälligkeit handelnde Samenspender die finanziellen Risiken bedenken, würde dies möglicherweise ihre Spendenbereitschaft und -fähigkeit erheblich beeinträchtigen.
Lösen ließe sich das Problem dadurch, dass der Samenspender, wie beispielsweise in Griechenland und Österreich, per Gesetz nicht als richtiger Vater festgestellt werden kann. Dem Recht des Kindes auf Kenntnis der eigenen Abstammung ließe sich durch eine Feststellung der genetischen Abstammung im Sinne eines reinen Informationsanspruchs Rechnung tragen. Eine Eltern-Kind-Beziehung mit allen Rechten und Pflichten ist dazu nicht erforderlich.
Der Autor Prof. Dr. Dr. Herbert Grziwotz ist Notar in Regen und Zwiesel und Autor zahlreicher Fachpublikationen zum Familienrecht, insbesondere zur rechtlichen Regelung neuer Familienmodelle.
Herbert Grziwotz, Gefährliche Samenspende: . In: Legal Tribune Online, 03.11.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/7452 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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